Mein Glaubenszeugnis

Weihnachten 1983 – ein Zeugnis, als ich noch nicht gläubig war!
– nach einer Heiligabend – Feier im trauten Familienkreis gedichtet –

Am liebsten wäre ich allein,
in meinem Zimmer möchte ich sein.
Doch die Familie macht sich fein,
mit mir, bei Braten und Kerzenschein.
Ist das nicht eine: Heuchelei?

Obwohl wir nicht zur Kirche gehen,
berieseln Weihnachtslieder taube Ohren!
Ach, wär ich Christ, ich könnt verstehen,
daß unser Heiland ward geboren!
Gibt’s Freude in der: Schenkerei?

Alljährlich heißt es wieder: Schenken!
Doch was passiert die übrige Zeit?
Da mag man an sich selbst nur denken                                                                                                                                                                                                            und gibt sich wenig hilfsbereit!                                                                                                                                                                                                                          Was jetzt kommt, das ist: Völlerei!

Wir futtern schmatzend unseren Braten,
mit allem, was dazugehört.
Der Magen blubbert – und wir beraten,
was noch zu Weihnachten gehört.
Was übrigbleibt, ist: Sauferei?

Der Wein verschönt uns diese Stunden,
läßt uns den Abend friedlich werden,
auch Schnaps verklebt Familienwunden,
jetzt wird’s zum schönsten Fest auf Erden!
Doch: Was soll bloß diese: Feierei?

Ich gebe zu, der Sinn des Lebens,
ist mir noch ziemlich unbekannt.
Wer wird mir Geist und Frieden geben,
in unserem kommerziellen Land?
Vielleicht hilft mir die: Beterei?

Erstaunlich, daß ich 1983 schon an Beterei gedacht habe!

Acht Jahre später war es endlich soweit, ab August 1991 hat mein Leben nach vielen selbstsüchtigen Irrwegen seinen Sinn gefunden, ich konnte zum HERRN finden. Folgendes Glaubenszeugnis stand im Juni 1992 in einem Gemeindebrief.


Zeugnis von Jürgen Schulig

„Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“

Liebe Geschwister in Christus! Daß ich heute so vor Euch Zeugnis ablegen darf, hat sehr viel mit diesem vorangestelltem Bibelvers aus dem 2. Timotheusbrief zu tun. Vor meiner Bekehrung hätte ich über diesen Vers bestenfalls milde gelächelt, ich fühlte mich ja stark, selbstbewußt und überaus mutig. Auch war ich davon überzeugt, daß zwar die Welt sehr schlecht sei, einen besseren Menschen wie mich es hingegen kaum geben konnte…, ich fühlte mich eben zu gut, aber auch zu unverstanden in dieser kleinen, zurechtgezimmerten „heilen Welt“. Angst und Furcht kannte ich nur vor freilaufenden Kühen und Hornochsen (zum Beispiel auf Almwiesen) und vor Gewittern im Freien…

…so bin ich, ein gebürtiger Gießener, im Herbst 1987, mit etwa zehn großen Gepäckstücken unter dem Arm, per Bundesbahn von Bielefeld nach München gezogen, in meine „Traumstadt“, in meine Stadt der Lust und Lebensfreude. Zukunftsängste waren mir unbekannt, im Gegenteil, diese Stadt lag nun vor meinen Füßen und wartete nur darauf, von mir selbstbewußt erobert zu werden… Nach recht kurzer Zeit merkte ich zwar, daß mir keine Karriere wie die eines Tellerwäschers zum Millionär vergönnt sei, ich konnte mich aber, trotz vieler Schwierigkeiten, hier so gut etablieren, daß es mir immer noch viel zu gut ging. Mein großes und starkes „dickes Ich“ blieb, nach jahrzehntelanger Suche und Verdrängung, weiterhin der große Sinn meines materialistischen Lebens…

…bis mich Gott, sozusagen „aus heiterem Himmel“, im Sommer 1991 von meinem hochmütigem und stolzem Roß hinunterwarf! Von einem Tag auf den anderen wurde ich mit mir selber immer unzufriedener, kam mit meiner einzigen Kollegin und dem Chef nicht mehr klar, es beschlichen mich immer mehr unerklärliche Angstzustände, und je höher die sommerlichen Temperaturen stiegen (bis dahin vertrug ich Hitze ausgezeichnet!), desto mehr nahm meine Furcht zu, bis ich mich, ganz und gar depressiv, kaum noch vor die Haustür traute. Ich ließ mich krankschreiben und schleppte mich an diesem schlimmsten Tag meines Lebens mit letzter Kraft zum Hauptbahnhof, um nach Bielefeld zu fahren, zu meinen Eltern. Ich hatte den Glauben an mich selbst total verloren, war innerlich zerbrochen und ohne jeden Halt, wollte nie mehr in diese „Traumstadt“ zurück…

…doch Gott zerbricht nicht nur, Er baut auch wieder auf. Er führte mich zu meiner gläubigen Schwester und zu meinem Schwager, die in Bielefeld wohnen und die mir dann Jesus näherbrachten. Nach drei Tagen voll innerer Kämpfe war mir klar, daß ich einem Leben mit Jesus nichts mehr entgegensetzen konnte, vor allem nicht mein kaum noch vorhandenes Ego – und ich nahm ganz bewußt am 13. August 1991 Jesus als meinen HERRN und Heiland in meinem Leben auf. Erleichtert ergriff ich Seine rettende Hand und erlebte gleich innerhalb kürzester Zeit erstaunliche Gebetserhörungen (zum Beispiel problemlose Aufgabe des Rauchens). Und was ich mich ohne Jesus nie getraut hätte, wagte ich nun mit Ihm: Den völligen Neuanfang in München, total alleine, das Suchen nach einer geeigneten Gemeinde, den Arbeitsplatzwechsel… Meine noch nicht überwundene Menschenfurcht bereitete mir dabei große Schwierigkeiten, aber Jesus half mir, auch diese Hürden in Seinem Namen zu nehmen. Dabei half mir ganz besonders obiger Leitvers aus dem Timotheusbrief, es ist eines der ersten Bibelworte, die ich mir fest eingeprägt habe! Platzängste und Menschenfurcht habe ich so überwinden dürfen, ganz selten habe ich dabei mal zu einer Baldrian – Tablette gegriffen. In Anfechtungen halte ich mir oft das Wort aus Psalm 103,2 vor Augen:

„Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat.“

Ja, gerne bezeuge ich vor der Gemeinde, daß Jesus mein Leben total verändert hat, daß Er mir den langersehnten Lebenssinn gab. In großer Dankbarkeit und Liebe denke ich an meinen guten Hirten, an Seine Gnade, die auch mich errettet hat, nicht nur vor Verzweiflung und Depression, sondern vor allem vor dem ewigen Verderben! Jesus hat auch für mich Sein Leben gegeben, Sein Blut ist auch für mich geflossen zur Vergebung meiner Sünden! Wie wird es mit mir weitergehen? Konkrete Pläne gibt es noch nicht, ich vertraue ganz seiner Führung und Bewahrung und möchte versuchen, mein Leben ganz nach Ihm auszurichten gemäß Römer 12,1

„Weil ihr Gottes Barmherzigkeit erfahren habt, fordere ich euch auf, liebe Brüder, mit Leib und Leben für Gott dazusein. Seid ein lebendiges und heiliges Opfer, das Gott gefällt. Einen solchen Gottesdienst erwartet er von euch.“

(Hoffnung für alle)

München, den 19. Juli 1992 (Tag der Taufe)

Wie ist es seitdem weitergegangen? Seit meiner Bekehrung war es mein großer Wunsch, aus München herauszukommen, diese für mich stinkende und dreckige Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Es gab einige Bewerbungsversuche, z. B. in die Schweiz hinein, in die sogenannte „heile Bergwelt“, zur Bibelschule Beatenberg hin. Doch nichts klappte, zu gerne wäre ich auch nach Oberstdorf gegangen. .. Statt dessen hieß es ausharren, im Glauben wachsen, viel dazulernen. Regelmäßig, bis zu fünfmal wöchentlich, nahm ich an diversen Gemeindeveranstaltungen und Hauskreisen teil und lernte dabei auch wieder ohne Angst mit der U – Bahn zu fahren… Eine liebe, ältere Frau sorgte sich rührend seelsorgerlich um mich, vergaß dabei auch nicht, mich immer wieder zu ermahnen und mich ganz auf Jesus hinzuweisen… In einer Vierer – Wohngemeinschaft der „christlichen Gemeinde“ konnte ich weiter dazulernen und bei der Arbeit im Städtischen Krankenhaus Harlaching erlebte ich die Hilfe des Herrn durch viele Gebetserhörungen ganz praktisch. Stark angefochten war vor allem das erste halbe Jahr in diesem Krankenhaus… Zeitweilig teilte ich mit einer pendelnden Esoterikerin und einem Zeugen Jehovas gleichzeitig mein Büro… Wochenlang konnte ich dabei nachts kaum schlafen…, die Esoterikerin hatte komischerweise zur selben Zeit die gleichen Schlafstörungen. Es waren dunkle Täler, die ich ganz im Vertrauen auf den HERRN durchschreiten mußte… Aber der HERR hat mich dabei so stark gemacht! Und schließlich, nach etwa eineinhalb Jahren mit vielen Anfechtungen, erreichte mich der Ruf in ein fast „irdisches Paradiesleben“… Ich hatte mich dabei schon fast mit einem sozial gesicherten städtischen Angestelltendasein abgefunden. Ein lieber Bruder aus dieser Gemeinde zeigte mir eine Stellenanzeige aus einen „WDL – Rundbrief“, und dabei sagte ich noch scherzhaft zu ihm, er sei jetzt ein Sprachrohr Gottes… Halbherzig bewarb ich mich, und dann ging alles ganz schnell. Der 1. Juli 1993 war mein erster WDL – Arbeitstag, und nun darf ich schon seit über fünf Jahren eine sehr schöne Arbeit in diesem Missionswerk tun, umgeben von frischer Luft in einer herrlichen Seenlandschaft. Ab etwa Oktober 1993 besuche ich die Christliche Versammlung in Wolfratshausen, ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie herzlich und freundlich ich damals bei meinem ersten Besuch unter anderem von „Hirschi“ und Herbert Posselt aufgenommen worden bin. Wie wird es weitergehen? Ich bin gespannt, was der HERR noch alles mit mir vorhat!

Amen!

Berg, den 13. Dezember 1999