Weihnachten 1998

Kurzpredigt Weihnachten – 27.Dezember 1998

Jürgen Schulig

Als das Telefon klingelte, lag der Weihnachtsmann eben auf seiner himmlischen Sonnenterrasse und ließ sich von den letzten warmen Sonnenstrahlen bräunen. Das Telefon klingelte immer noch. Der Weihnachtsmann schaute hinüber zur Wäscheleine, wo sein roter Mantel frisch gewaschen trocknete, und kratzte sich seinen weißen Bart. Das Telefon klingelte. Der Weihnachtsmann stellte sein Longdrinkglas vorsichtig unter den Liegestuhl und tappte zum Telefon.

Es war einer seiner Hilfsengel aus der Nachbarstadt. Er klang sehr aufgeregt und sprudelte hervor, daß der Weihnachtsmann sofort kommen müsse, ein großes Geschäft wolle bis morgen dreihundert Schokoladen – Weihnachtsmänner, drei Karton Lebkuchen und einige Packungen Lametta. Außerdem eine Kassette mit Weihnachtsliedern. Und zwar sofort, rief der Hilfsengel, sie wollen morgen dekorieren. Sag ihnen, sagte der Weihnachtsmann und zog sich seine Bernuda -Shorts über den Bauch straff, sag ihnen, sie sollen gefälligst warten, bis Weihnachtszeit ist. Doch nicht jetzt, Anfang Oktober. Und er legte auf, tappte zurück zu seinem Liegestuhl, griff nach seinem Longdrinkglas und sagte, die spinnen, die Leute.

Das Telefon klingelte. Diesmal war es ein Hilfsengel aus einer anderen Nachbarstadt. Weihnachtsmann, sagte der, Du sollst bis morgen einen Tannenbaum für einen Laden in der Fußgängerzone liefern, dreimeterachtzig, mit Lichterkette in rot und in blau. Und, sagte der Engel, ein paar Weihnachtslieder, für die Lautsprecheranlage. Es ist, sagte der Weihnachtsmann sehr laut, es ist Anfang Oktober. Und Weihnachten ist noch lange hin. Was soll das? Letztes Jahr hat sich bei mir die Verkäuferinnen – Gewerkschaft beschwert, weil ich den Geschäften vier Wochen vorher die Weihnachtslieder geliefert habe und sie sie bis Weihnachten nicht mehr hören konnten! Und jetzt noch eher?

Der Weihnachtsmann schob seinen blau – weißen Vorhang beiseite und schaute hinunter ins Tal auf all die Städte und Dörfer dort. Wußte ich`s doch, sagte er, noch keine Spur von Schnee, die sortieren ja grad ihre Sommerurlaubsdias! Der Hilfsengel war immer noch am Telefon. Weihnachtsmann, sagte er, es ist dringend. Ist mir egal, brummte der Weihnachtsmann, legte auf und zog sich seine Jeans an, ich geh jetzt zum Chef und beschwer mich.

Petrus zupfte gerade die letzten roten Tomaten von seinen Stöcken. Hallo Weihnachtsmann, sagte er, wieso guckst Du so böse, ich denk, Du hast Urlaub? – Bei Knecht Ruprechts Rute, brummte der Weihnachtsmann, schöner Urlaub – jedes Jahr fangen die Geschäfte früher an mit der Weihnachtssaison. Das ist doch pervers. Und wenns dann Weihnachten wird, hat jeder längst genug davon. Ich mach nicht mehr mit, ich kündige, ich geh vorzeitig in Pension!

Aber Weihnachtsmann, sagte Petrus, versteh doch auch mal die armen Geschäftsleute – jeden Morgen stehen die auf und rennen voll Angst zum Konkurrenten, ob der etwa schon weihnachtlich dekoriert habe – das ist doch wirklich stressig, ist doch klar, daß sie dann lieber selbst die ersten sein wollen. – Klar, sagte der Weihnachtsmann, aber wenn das so ist, dann heißt das doch, es geht nur noch ums Geld, nicht um Weihnachten. – Na ja, sagte Petrus, die wollen halt ihrer Frau und den Kindern auch was schönes zu Weihnachten schenken. – Aber die Weihnachtsstimmung machen sie kaputt, knurrte der Weihnachtsmann. Wenn ich bei denen Kunde wär – umdrehen tät ich und zu denen gehen, die Weihnachten haben, wenn wirklich Weihnachten ist. Im Dezember, von mir aus, aber doch nicht schon jetzt.

Weihnachten, wieso Weihnachten, fragte der Osterhase, der grad um die Ecke kam, um sich noch ein paar frische Mohrrüben von Petrus zu borgen. Red mir bloß nicht von Weihnachten, ich bin noch von Ostern total geschafft. – Hör zu, Chef, sagte da der Weihnachtsmann, ich habe eine Idee – ich bin bereit, jetzt schon voll ins Weihnachtsgeschäft einzusteigen – aber Ihr ändert dafür das Weihnachtsdatum, einfach vorverlegen, auf den 24. November. Dann ist wieder Ruhe im Land.

Bist Du irre, schrie da der Osterhase, und verschluckte sich schirr an einer Mohrrübe – weißt Du, was das bedeutet? Dann muß ich demnächst anfangen, schon Mitte Dezember Ostereier zu liefern. Niemals – ich kündige…

Ob der Osterhase wirklich gekündigt hat, wissen wir nicht. Tatsache ist, daß es buntbemalte und hartgekochte Eier bereits das ganze Jahr über zu kaufen gibt… Und das die nicht verkauften Weihnachtsmänner zu Osterhasen umgeschmolzen werden, ist angeblich nur ein dummes Gerücht…

Weihnachten als Geschäftemacherei, bist Du auch zufrieden? Hast  Du auch gute Geschäfte gemacht? Hast Du auch mehr bekommen als Du verschenkt hast?

Glaubst Du an den Weihnachtsmann?  Findet Weihnachten bei Dir nur von Oktober bis Dezember statt? Ist Weihnachten auch nur wie ein Märchen für Dich – oder bist Du persönlich angesprochen und berührt?

Weihnachten ist leider größtenteils zu einem kommerziellen Fest verkommen. Vor lauter Geschenken, die natürlich auch wieder unsere Wirtschaft ankurbeln, wird dabei von den allermeisten Menschen das größte Geschenk nicht angenommen, es wird übersehen und vergessen. Ein Geschenk von bleibenden, ja von ewigem Wert, welches Gott uns an Weihnachten macht: Er schenkt uns Seinen Sohn Jesus! Wenn wir dieses Geschenk von Herzen angenommen haben, dann werden wir dieses Geschenk nie mehr weglegen oder in die Ecke stellen wie eine ausgediente Puppe oder ein Spielzeugauto. Dieses Geschenk ist in seiner Größe und Einmaligkeit so faszinierend und mitreißend! Dieses Geschenk beschäftigt Dich nicht nur an den drei Weihnachtsfeiertagen, nein, es packt Dich Dein ganzes Leben lang! Und je mehr Du Dich mit diesem Geschenk beschäftigst, um so größer und um so lebendiger wird es in Dir. Es kann kein besseres und schöneres Geschenk geben mit solch einer Langzeitwirkung. Weißt Du noch, was Du vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt bekommen hast? Du hast es bestimmt auch schon wieder vergessen. Doch solch ein großartiges Geschenk, wie wir es in Jesus haben, vergessen wir bis in alle Ewigkeit nicht mehr! Es ist wie mit einem Sternenhimmel. Je tiefer wir in ihn hineinschauen, um so mehr entdecken wir in ihm. Je mehr wir uns mit Jesus beschäftigen, desto mehr erkennen wir den Wert dieses Geschenkes, desto mehr kann Seine Gnade unser Leben reich und glücklich machen! Im Gegensatz zu allen anderen Geschenken, mit denen auch wir uns immer wieder beschäftigen, wird Jesus in uns nach vielen Tagen eben nicht kleiner und wertloser und reperaturbedürftiger, nein, sondern Er wird in uns immer größer und lebendiger und vollkommener!

 Und deshalb möchte ich auch heute betonen, daß dieses Geschenk in uns von Tag zu Tag größer werden kann. Und deshalb können wir jeden Tag neu mit unserem Geschenk Weihnachten feiern, nicht nur jetzt, sondern auch im Frühling, Sommer, Herbst und auch wieder in einem Jahr. Jesus möchte nicht nur die Weihnachtstage mit uns verbringen, sondern auch alle anderen Tage in unserem Leben. Um diese Tatsache auch vielen Kindern  zu verdeutlichen, hat es bei Wort des Lebens im Sommer auf den Kinderzeltlagern immer wieder einen Weihnachtsabend gegeben, es wurden Weihnachtslieder am Lagerfeuer gesungen und die Weihnachtsgeschichte den staunenden Kids erzählt… Es soll sehr originell und schön gewesen sein! Für die allermeisten von ihnen ist es eine bleibende Erinnerung.

 Weihnachten findet für einen gläubigen Christen tagtäglich statt. Und wenn wir dieses Geschenk, welches wir in Jesus haben, tagtäglich liebhaben und festhalten und ehren, dann sind wir allerbestens gerüstet, wenn Jesus eines Tages kommen wird, um uns heimzuholen in Sein himmlisches Reich! Denn auch die Adventszeit geht für uns als Christen weiter, tagtäglich… Wir erwarten ja Sein zweites Kommen, und dann dürfen wir mit diesem Geschenk von Angesicht zu Angesicht im Himmel eine ewige Gemeinschaft haben!

Dann werden alle anderen Geschenke, die wir jemals erhalten haben, zu Staub und Asche zerfallen sein. Nur ein Geschenk, der HERR Jesus selbst, wird nie vergehen, Er wird uns immer größer und herrlicher werden in Seinem Himmelreich.

 Jesus selbst kündigt uns in der Offenbarung 3 Sein zweites Kommen an und gleichzeitig bittet Er uns, an Ihm, dem wunderbaren Geschenk, festzuhalten. Dieses Geschenk wird für uns dann im Himmel noch um so vieles entzückender und wunderbarer sein als es jetzt schon ist. Lassen wir zum Schluß Jesus, unser Geschenk, zu Worte kommen:

„Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, daß niemand deine Krone nehme!“ (Offb 3,11)

Amen