Jona

Predigt Jürgen 25. November 2007

Jona

(Nach einer Bibelarbeit von Andreas Wenzel, Berg;

der Autor des Jona – Gedichtes ist Klaus-Peter Hertzsch)

 In knapp einer Woche geht es los… Unser Einsatz ist gefragt auf dem Weihnachtsmarkt in Wolfratshausen. In unseren Gebetszeiten bitten wir oft für diese Stadt und deren Bewohner, und nun ist auf einmal, vielleicht als Antwort, unser praktischer Einsatz gefragt… Das geht aber schnell… Sind wir überhaupt dazu motiviert, da mitzuhelfen? Oder möchten wir vielleicht doch lieber zu Hause in der warmen Stube Däumchen drehen, so wie es ähnlich einer der bekanntesten Propheten des Alten Testamentes machen wollte und es auch teilweise getan hat… Ich hätte nie geglaubt, dass ich irgendwann einmal eine Motivationspredigt zu einem evangelistischen Einsatz machen würde…, ich doch nicht! Doch heute ist es so weit! Lassen wir uns jetzt aus dem Buch Jona inspirieren! In uns allen steckt gewiss auch solch ein Jona. Auch wenn Wolfratshausen bei weitem nicht so groß ist wie Ninive! Wir werden sehen, wie der HERR aus unseren krummen Wegen noch gerade Wege machen kann in Seiner großen Gnade und Barmherzigkeit!

Los, Jona, sprach der Herr, nun geh ’

auf schnellstem Weg nach (Wolfratshausen) Ninive!

Sag’ ihr mein Wort! Sei mein Prophet,

weil es dort leider übel steht.

Da hilft nur eine kräft’ge Predigt,

sonst ist die schöne Stadt erledigt!

Doch Jona wurde blass vor Schreck

und sagte zu sich: “Nichts wie weg!“

Den Blick nach Westen wandte er.

Erst lief er nur. Dann rannte er.

Der Staub flog hoch. Er keuchte sehr,

als liefe einer hinter ihm her.

Gott aber, der den Weg schon kannte

sah lächelnd zu, wie Jona rannte.

Am Ende kam der müde Mann

am weiten blauen Meere an.

Wir alle kennen sicherlich die Geschichte des Propheten Jona. Sie ist eine der bekanntesten und beliebtesten biblischen Abenteuergeschichten überhaupt. Als Kind habe ich davon zum ersten Male im Religionsunterricht gehört, und ich denke, auch unsere Kleinen in der Sonntagsschule wissen worum es geht. Die bekannte Internetsuchmaschine Google findet über 15.400 Internetseiten, wenn wir die Suchbegriffe „Jona“ und „Walfisch“ eingeben…, und es sind bei weitem nicht nur christliche Seiten. In den letzten Jahren gab es bei WDL mehrere Andachtsreihen zum Thema Jona, und ich habe gestaunt, wie viel das Buch Jona uns sagen kann, und nicht nur den Kindern. Auch wenn uns allen diese Geschichte bekannt ist, kann ich mich nicht daran erinnern, dass wir in unserer Gemeinde ausführlich über den Propheten Jona gesprochen haben. Also, wagen wir den Versuch!

„Fast am Ende des Alten Testaments befindet sich dieses kleine Buch mit vier Kapiteln, das Buch Jona. Es erzählt, wie der Name schon sagt, von dem Propheten Jona. Wir kennen Jona vor allem als den Mann im Walfisch. Aber die Geschichte von Jona hat noch viel mehr zu bieten. So war zum Beispiel kein anderer Prophet so erfolgreich wie Jona. Weder Samuel, noch Elia, noch Jesaja. Jona war so erfolgreich, er brauchte nur neun Worte (nach der Luther-Übersetzung) Worte, um eine gewaltige Stadt von ihrer Schuld zu überzeugen und zu Gott zu bringen.

„Wo wird Gott mich diesmal hinschicken?“ fragt Jona sich – und hört mit Entsetzen die nächsten Worte von Gott: „Ja, mach dich auf … in die große und mächtige Stadt Ninive und kündige ihren Einwohnern an, dass ich sie strafen werde. Denn ich kenne ihre Bosheit.“ Eine Gerichtsbotschaft ist nichts Neues für Jona, aber Ninive! Das ist die Hauptstadt der Assyrer, der schrecklichsten aller Feinde. Die sich am wenigsten an Gott halten, die über die 10 Gebote nur lachen und fremden Götzen dienen, die nur zechen, huren und morden, wie es ihnen gefällt…“ (Zitat von: Pastor Christian Berndt, Stade)

 Wir sind in der Zeit der assyrischen Vorherschaft, in der Zeit des Königs Jerobeam II (793 – 758 vor Christus). Das religiöse Leben ist äußerst schwach. Israel zahlt an die grausamen und brutalen Assyrer kräftig Tribut. Der Prophet Jona hat verständlicherweise Bedenken, Gottes Auftrag auszuführen…., und Ninive liegt weit weg, etwa 800 km Luftlinie von Samaria entfernt. Eine nicht zu beweisende jüdische Überlieferung besagt übrigens, dass Jona der Sohn der Witwe von Zarpat ist, den Elia aus den Toten auferweckte (1. Könige 17, 8-24).

     

Singen wir nun aus Lied 794 die erste Strophe:

„Jesus, ich will gehen, sende mich. Jesus, ich will gehen, sende mich. Ich will leben mit Dir, gebrauche mich. Jesus, ich will gehen, sende mich. Jesus fragt Dich heute. Willst Du Ihn verstehn? „Wen soll ich senden? Wer will gehen? Wer trägt meine Liebe in die Welt hinein? Wer will für mich Bote sein? Jesus, ich will gehen, sende mich. Jesus, ich will gehen, sende mich. Ich will leben mit Dir, gebrauche mich. Jesus, ich will gehen, sende mich.“

 

Jona bekommt einen Auftrag von Weltformat, doch das gefällt ihm nicht. Also läuft er in die entgegengesetzte Richtung, siehe

Jon 1,3   Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem HERRN nach Tarsis fliehen und kam hinab nach Jafo. Und als er ein Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld und trat hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren und dem HERRN aus den Augen zu kommen.

Jona, was ist gefährlicher? Predigen in einer feindlichen Stadt – oder weglaufen vor Gott? Jona will nur weg: Er möchte mit Gott nichts mehr zu tun haben, der ihm so etwas Unmögliches zumutet!

Gott sagt zu Jona: “Geh!“ – doch Jona sagt: “Nee!“

Jona zahlt das Fährgeld und, wie sich später herausstellt, auch ein ordentliches Lehrgeld! Und Jona täuscht sich gründlich. Gott hat ihn längst eingeholt.

Ps. 104,4: “Gott macht Winde zu seinen Boten“

Hier schickt Gott einen kräftigen Boten, einen Sturm und Unschuldige geraten in Gefahr. Sogar die hart gesottenen Seeleute bekommen das Flattern. “Not lehrt beten“, das erste ökumenische Gebetstreffen findet statt…! Ein jeder Seemann betet aus nackter Todesangst heraus zu seinem Gott, nachdem die üblichen Hilfsmittel nicht mehr ausreichen…

Nur einer betet nicht – Jona! Nach der Anstrengung gibt es erstmal nur eins: schlafen! Ein Bild für heute: Da gehen Menschen vor unserer Haustür verloren und wir bekommen das gar nicht mit!

Und Gott schickt Jona noch einen Boten:

Jon 1,6   Da trat zu ihm der Schiffsherr und sprach zu ihm: Was schläfst du? Steh auf, rufe deinen Gott an! Ob vielleicht dieser Gott an uns gedenken will, dass wir nicht verderben.

 Da muss der heidnische Kapitän den Propheten Gottes “ins Gebet nehmen“. Vielleicht haben wir mit deinem Gott noch eine Chance?! Gott hat Jona eingeholt, er holt ihn aus seinem Loch hervor uns stellt ihn mitten in den Schlamassel hinein, den er ja ausgelöst hatte! Nachdem alles nichts hilft, muss das Los her – einer muss doch schuld sein. Und wen trifft’s?! Gott lässt es auf Jona treffen. Jetzt prasseln die Fragen auf ihn ein. Jona, wer bist Du – was hast Du getan? Und Jona erzählt ihnen, was passiert ist und warum der Sturm kommen musste… Und Jona bereut und ist bereit, die Strafe auf sich zu nehmen

Jon 1,12 Er sprach zu ihnen: Nehmt mich und werft mich ins Meer, so wird das Meer still werden und von euch ablassen. Denn ich weiß, dass um meinetwillen dies große Ungewitter über euch gekommen ist.

 Doch soweit wollen die Seeleute nicht gehen. Sie unternehmen letzte, sinnlose Rettungsversuche. Schließlich beten sie zum Gott Jonas. Sie stecken in einem Dilemma: Sie wollen nicht sterben – aber sich auch nicht an einem Propheten des allmächtigen Gottes vergreifen! Schließlich werfen sie Jona doch ins Meer… und das Meer steht still! Ruhe, aus, vorbei! Das ist der Beweis für die Macht Gottes! Eine Antwort auf Gebete! Ein Beweis, dass der Sturm eine Folge von Jonas Ungehorsam gewesen ist. Diese Seeleute haben es kapiert: Hier ist der lebendige Gott am Werk!

 

Singen wir nun aus Lied 794 die zweite Strophe:

„Jesus, ich will gehen, sende mich. Jesus, ich will gehen, sende mich. Ich will leben mit Dir, gebrauche mich. Jesus, ich will gehen, sende mich. Du darfst Seine Frage nicht mehr übersehn: „Wen soll ich senden? Wer will gehen?“ Gib Dein ganzes Leben als ein Opfer hin. Komm, fang an, bekenne ihn. Jesus, ich will gehen, sende mich. Jesus, ich will gehen, sende mich. Ich will leben mit Dir, gebrauche mich. Jesus, ich will gehen, sende mich.“

       

Da plötzlich teilten sich die Wogen.

es kam ein großer Fisch gezogen.

Dem hatte Gott der Herr befohlen,

den nassen Jona heimzuholen.

Sein Maul war groß  wie eine Tür.

Das sperrt er auf und sagte: “Hier!“

Er saugte den Propheten ein,

der rutschte in den Bauch hinein.

Dort saß er, glitschig, aber froh:

denn nass war er ja sowieso.

Da hat er in des Bauches Nacht

ein schönes Lied sich ausgedacht.

Das sang er laut und sang es gern.

Und lobte damit Gott, den Herrn.

Die Stimme schwang, das Echo klang,

der ganze Fisch war voll Gesang.

 

Nachdem Gott sich in Kapitel 1 um die heidnischen Seeleute gekümmert hatte, ist jetzt Jona dran. Der muss schliesslich auch noch gerettet werden.

Jona hat zwar gehofft, nach seinem Schleudertrauma endlich aus dem Schlamassel herauszusein. Aber Gott ist noch nicht fertig mit ihm. Der Auftrag, den Er ihm gegeben hatte, wartet noch darauf, erfüllt zu werden.

Kapitel 2 berichtet uns, wie Gott es damals angestellt hat. Er schickt ein U-Boot. Zugegeben, es ist nicht gerade komfortabel – was die Licht- und Duftverhältnisse angeht – aber es ist genau das richtige Gefährt, um Jona wieder nach Hause zu bringen und ihm Zeit zum Nachdenken zu verschaffen.

Jon 2,1   Aber der HERR ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte.
Jon 2,2   Und Jona betete zu dem HERRN, seinem Gott, im Leibe des Fisches

 Manche Leute haben Schwierigkeiten, die Sache mit dem großen Fisch so zu akzeptieren. So hat jemand mal gemeint, das sei alles nur ein böser Alptraum gewesen. Aber dann würde Jona ja noch heute auf dem Meeresboden liegen. Ein anderer meint, vielleicht kam gerade ein anderes Schiff vorbei, dass den Namen “großer Fisch“ trug, aber dann wäre es bestimmt nicht drei Tage und drei Nächte stockduster gewesen. Wir kommen nicht darum herum – Gott schickt einen Fisch, der Jona verschlang.

Von ihrer eingeschränkten Perspektive gehen die meisten Menschen  davon aus, nur das sei machbar, was für uns Menschen möglich ist…

Es geschehen also nur die Dinge, die für uns Menschen möglich und machbar sind. Alles andere muss eine Legende gewesen sein. Und mit solchen Maßstäben gehen die Menschen schnell an die Bibel heran. Die Bibel ist aber kein Buch, das nur über das Menschenmögliche und über das Machbare berichtet… Bei Gott ist kein Ding unmöglich. Das lesen wir verschiedene Male in der Bibel (Gen. 14,18; Jer. 32,17; Sach. 8,6; Lk. 1,37; Apg. 2,24). Wir dürfen Gottes allmächtige Möglichkeiten nicht nach unseren menschlichen Kategorien beurteilen!

Für Leute, die keine Christen sind, ist es dann natürlich schwierig, einfach so zu akzeptieren, daß Jona von einem Fisch verschlungen wird und nach drei Tagen und Nächten wieder ausgespuckt wird.  Diese Menschen haben auch Probleme mit der Jungfrauengeburt und der Auferstehung unseres HERRN Jesus. Mit dem “das musst du nur glauben“ ist ihnen auch nicht gerade weitergeholfen. Wir können uns darüber freuen, dass es solche Werke wie “Wort und Wissen“ gibt, die versuchen, Gottes Gedanken nachzudenken und mit Aussagen aus der Wissenschaft zu belegen. Nach den Erkenntnissen der heutigen Zeit könnte dieser grosse Fisch ein Schwert – oder Pottwal, ein Weiß- oder Blauhai gewesen sein. Selbst wenn wir jetzt genau herausfinden könnten, was für ein Fisch oder Säugetier das gewesen ist, so bleibt die Sache noch immer ein riesiges Wunder.

Immerhin ist dieser grosse Fisch rechtzeitig da, um Jona hinunterzuschlingen, bevor er ertrinkt. Die zweite großartige Sache ist, dass dieser Fisch Jona auf das trockene Land wieder ausspuckt.

Übrigens nur so am Rande: Jesus selbst, der Sohn Gottes, hat auf gerade dieses Kapitel Bezug genommen. In Matth. 12,39 und 16,4 geht es um das Zeichen des Jona. Jesus setzt sich da mit ungläubigen Juden auseinander und er nimmt den Aufenthalt Jonas im Bauch des Fisches – 3 Tage und 3 Nächte – als Hinweis auf seinen eigenen Todesweg. Jesus geht davon aus, dass Jona tatsächlich in dem Bauch des Fisches war und bestätigt damit den Bericht aus dem alten Testament und auch seinen Wahrheitsgehalt.

Jona wird also vom Wal eingesogen. Innen drin ist er dann 3 Tage und 3 Nächte – eigentlich sind es ja 3 Nächte und nochmals 3 Nächte – und Jona hat tatsächlich Zeit zum Nachdenken. Gott hat ihm sein Leben geschenkt und schenkt ihm jetzt auch noch Zeit für einen Neuanfang.

Jona scheint diese Zeit zu nutzen, denn in den Versen 3 – 10 betet er. Ihm sind in der Zeit im Bauch des Fisches viele Dinge durch den Kopf gegangen. Viele Dinge, die er von früher kennt und die er auswendig gelernt hat … Jona zitiert die Psalmen. So betet er in diesen Versen aus Psalm 18, 31, 42, 50, 62, 69, 103, 120 und 142. Und diese 8 Verse haben es in sich. Jona fasst kurz zusammen, was ihm passiert ist und in welcher Lage er sich befindet. Dann beschreibt er seine Gefühle in dieser Situation und in den Versen 9 und 10 dankt  er Gott für seine Rettung.

2,10 Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen. Meine Gelübde will ich erfüllen dem HERRN, der mir geholfen hat.

2,11 Und der HERR sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.

Gott will retten und erhört Gebet. Wer sich Ihm anvertraut, ist nie allein gelassen.

Kein Götze hätte so etwas tun können. Jona verspricht, Gott zu gehorchen, der ihn in seiner Gnade aus der Todesgefahr gerettet hat. Wohlgemerkt, er ist immer noch im Bauch des Fisches. Er dankt dafür, daß er nicht ertrunken ist. Er hat kapiert: “Gott hat mehr mit mir vor und ich kann vor Gott und Seinem Auftrag nicht weglaufen.“

Wer das ganze Buch sorgfältig liest, entdeckt eine Spannung zwischen dem störrischen Jona von Kapitel eins und vier und dem frommen Gebet in Kapitel 2. Ich denke, dass der Dank für die Rettung aus dieser hoffnungslosen Situation echt ist. Jona hängt doch zu sehr an seinem Leben. Und weil er erkannt hat, dass man vor Gott nicht davonlaufen kann, hat er jetzt auch beschlossen, Gott zu gehorchen.

Singen wir nun aus Lied 361 die erste Strophe

„Zünde an Dein Feuer, HERR, im Herzen mir, hell soll es brennen, lieber Heiland, Dir! Was ich bin und habe, soll Dein eigen sein. In Deine Hände schließe fest mich ein! Quelle des Lebens und der Freude Quell, Du machst das Dunkel meiner Seele hell. Du hörst mein Beten, hilfst aus aller Not, Jesus, mein Heiland, mein HERR und Gott.“

Gott hätte einen andern Boten nach Ninive schicken können, aber Er hält an Jona fest und gibt ihm eine neue Chance. Gottes Wort an Jona klingt wie am Anfang

Jon 3,2   Mach dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage!

Aber der Auftrag ist etwas abgeändert: “Predige, was ich Dir sage!“ Gott lässt diesmal den Inhalt (daß Jona gegen sie Gericht predigen soll) und die Begründung (Ninives Bosheit) weg. Wir finden keinen unwiderruflichen Plan Gottes, Ninive zu vernichten.

Jona gehorcht. Er macht sich auf den Weg in die richtige Richtung. Er ist mit Gott in einer Spur und erreicht Ninive. Diese verlotterte Heidenmetropole, der Sündenpfuhl des Altertums, ist eine gro8e Stadt vor Gott. Es sind seine Menschen, seine Geschöpfe, die hier leben. Egal, was sie getan haben – sie sind von Gott gewollt und Gott hat ein Herz für die Verlorenen.

Der Durchmesser der Stadt wird mit drei Tagesmärschen beschrieben, d.h. es sind etwa 60-80 km. Wir wissen heute, dass Ninive-City allenfalls 5 km im Durchmesser groß gewesen ist. Man kann aber annehmen, daß es sich bei den Größenangaben um das gesamte Siedlungsgebiet rund um Ninive handelt.

Einen Tag weit wandert Jona in diese Stadt hinein und beginnt dann mit seiner Predigt. Diese Predigt besteht nur aus einem Satz:

Jon 3,4 … Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.

Noch 40 Tage und ihr seid alle weggeputzt! Kurz und herzlos, kalt und schroff erledigt Jona seinen Auftrag. Und die Pointe seiner Botschaft? “Zu spät.“ Da ist keine Chance für Reue und Umkehr mehr drin. Der Ausleger Klaus Teschner hat mal gesagt: “ Das ist eine Kurzpredigt mit der Sensibilität eines Nashorns.“

Ist das wirklich alles, was Gott der Stadt zu sagen hat? Doch Gott ist auf Jona nicht angewiesen. Er macht aus dieser kalten Predigt eine heiße Botschaft, die die Herzen von Ninive ansteckt.

Die Menschen von Ninive glauben Gott – aber was heißt hier “glauben“? Sie geben Gott Recht! Wir haben das Todesurteil verdient.

Jon 3,5   Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle, groß und klein, den Sack zur Buße an.
Jon 3,6   Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche

Sie tun Busse – vom König bis zum Schaf – mit allen äußeren Zeichen, fastend, mit Sack und Asche. Die Tiere haben das sicherlich nicht verstanden und werden vor Hunger und Durst gebrüllt haben. Aber Gott hat es gehört.

Wichtiger als die äußeren Zeichen ist die innere Wende: Hinkehr zum Gebet – zu Gott. Sie haben Gott bestürmt. Sie kehren sich ab vom bösen Lebenswandel.

Zu diesem Glauben gehört auch Hoffnung: “Wer weiß, vielleicht lässt sich Gott umstimmen?“ Die Leute von Ninive nehmen also Jonas Frist von 40 Tagen als Ultimatum an – als letzte Frist zur Umkehr und nicht als ein unumstöss1iches Urteil. Sie wollen nicht sterben, sie wollen leben! Mit dieser Sehnsucht wenden sie sich an Gott.

Sogar der König läßt sich von der Bußbewegung anstecken

     

Sein Herold rief mit Hörnerklang:

“Befehl: Ihr sollt drei Tage lang

bedenken in der ganzen Stadt,

was Jona Euch gepredigt hat,

was jeder Böses hat getan

und wie er’s besser machen kann.

Ihr sollt die Kleider und das Essen,

ja selbst einmal das Vieh vergessen.

Ihr sollt in Häusern und in Hütten

den Herrn um sein Erbarmen bitten.

Vielleicht ist es noch nicht zu spät,

dass unsere Stadt nicht untergeht.“

Und Gott sah aus von seiner Höh’

und sah auf die Stadt Ninive

und sah die traurigen Gestalten

und sprach. “Ich will die Stadt erhalten.“

 

Jon 3,10 Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht.

 

So ist Gott – so gütig ist Gott – Gott nimmt das alles an. Gott können seine eigenen Pläne Leid tun.

Und es ist ganz egal, was wir auf dem Kerbholz haben, wieviel Mist wir schon gebaut haben, ganz egal, ob wir meinen, Gott könne uns so etwas nicht vergeben – weil wir es uns selber nicht vergeben wollen.

Eins ist wichtig, daß wir unser verdientes Todesurteil einsehen, dass es uns von Herzen Leid tut, gegen Gott gelebt haben. Die Leute Ninives haben mit Macht zu Gott gebetet. Und nachdem Gott sie verschont hat, haben sie verstanden, was Gnade bedeutet.

Hast Du die Gnade Gottes in Deinem Leben eigentlich begriffen? Du brauchst die Vergebung und die Gnade Gottes, um leben zu können – und Gott sucht Dich, weil er Dich gemacht hat, weil er viel in Dich hineininvestiert hat. Er sucht Dich genauso wie die Schiffsleute, wie Jona, wie die Leute aus Ninive… Er redet zu Dir und bietet Dir seine Liebe an. Gott sucht Dich – nicht um Dich zu knechten, sondern um Dich freizukaufen, um Dich zu retten. Gott sucht Dich, auch für Seine Mission, auch für Seine Mission in Wolfratshausen… Vielleicht auch auf dem Weihnachtsmarkt?

Singen wir nun aus Lied 361 die zweite Strophe

„Wollest mich bewahren, wenn der Satan droht, Du bist der Retter, HERR, von Sünd und Tod. In der Weltmacht Dunkel leuchte mir als Stern, HERR, bleibe bei mir, sei mir niemals fern. Quelle des Lebens und der Freude Quell, Du machst das Dunkel meiner Seele hell. Du hörst mein Beten, hilfst aus aller Not, Jesus, mein Heiland, mein HERR und Gott.“

Der Auftrag, den Gott dem Jona gegeben hat ist ausgeführt und wieder einmal hat sich Jona als positiver Prophet hervorgetan. Das Beste, was eintreten konnte, ist eingetreten: Ninive ist umgekehrt und Gott hat vergeben. Doch die Geschichte ist noch nicht fertig, weil Jona mit Gott noch nicht fertig ist.

Jon 4,1   Das aber verdross Jona sehr, und er ward zornig

Jon 4,2   und betete zum HERRN und sprach: Ach, HERR, das ist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war, weshalb ich auch eilends nach Tarsis fliehen wollte; denn ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen.

 

Nachdem Jona sein Todesurteil abgeliefert hat, verschwindet er aus der Stadt. Er geht auf Distanz, baut sich einen Beobachtungsposten. Er ringt nicht mit Gott um Gnade und faltet nicht seine Hände. Er legt sie einfach in den Schoss. Er macht es anders, als Abraham, der vor Gott für die Rettung von Sodom und Gomorra eingetreten war.

Jona vertritt voller Vorwürfe seine Rechthaberposition. Gott soll mit der Faust auf den Tisch hauen. Feuer und Schwefel oder ein kräftiges Erdbeben schicken. Jona teilt weder den Schmerz Gottes, noch seine Liebe. Er sitzt da wie die Selbstgerechten: Jeder bekommt das, was er verdient hat! Das ist die Wahrheit – aber die kalte, unbarmherzige Wahrheit. Jona will, dass sie sich durchsetzt.

Offenbar war trotz der unbegreiflichen Rettungsaktion Gottes an Jona – trotz Gebet und Gesang im Fisch – dieser Mensch nicht in der Tiefe seines Herzens umgewandelt. Jona braucht eine tiefe Wende in seinem Herzen. Eine Wende hin zu Gott und mit Gott eine Wende hin zur verlorenen Welt. Äußerlich ist er zwar mit Gott auf einer Spur und führt auch seinen Auftrag aus. Er spurt. Aber innerlich ist er nicht dabei. Er ist sogar schwer auf Distanz gegangen.

Wie stehe ich zu den verlorenen Menschen und dem Geist meiner Zeit? Läßt mich das kalt oder macht mich das heiß – aus Liebe zu den Verlorenen? Wessen Geistes Kinder sind wir? Möchten wir, dass viele Jesus kennenlernen und seine Gnade erfahren? Oder möchte ich nicht lieber Feuer vom Himmel herab beten? Welche Stimmungen und Gefühle treiben mich um? Jeder bekommt, was er verdient hat? Hauptsache, mir geht es gut? Oder “Herr erbarme Dich!“

Jona ist wieder einmal am Ende. Ihm passt es wieder nicht, dass Gott gnädig ist mit anderen. Er selbst hat es so dringend gebraucht, als er im Wasser war – und wie hat er nicht mit frommen Worten Gott gedankt. Doch jetzt sieht man, was innerlich mit ihm passiert ist: Gar nichts! Er hat nichts von der Liebe Gottes für alle Menschen verstanden. Er hat nichts davon begriffen, dass Gott ihn gebrauchen möchte, um die Leute zur Umkehr zu führen. Nein, er ist beleidigt und sagt: “Es ist doch schlimm, was soll ich denn noch als Prophet, wenn doch nicht eintrifft, was ich voraussage?“

Jona geht jedenfalls in Sitzstreik. Stumm und trotzig. Wieder wird deutlich: Jona will keinen barmherzigen Gott für andere. Eigentlich müsste es Gott jetzt zuviel werden. Dieser dumme Prophet, dieser störrischer Maulesel … Aber Gott erweist sich als ein beweglicher und humorvoller Erzieher. Der Schöpfer wird kreativ. Der Arzt der Seeleute, der Arzt der Bewohner von Ninive – ist auch der Arzt von Jona. Er verabreicht Jona eine Medizin. Diese Medizin heißt: Kleine Freuden – kleine Schmerzen. Gott hat ja so seine Boten: ob großer Sturm, ob Kapitän, ob großer Fisch – und jetzt bestellt er einen Rizinus. Das ist eine gewöhnliche, im Orient schnell heranwachsende Staude. Sie kann 3 bis 5 Meter hoch werden und hat pfannengroße Blätter. Er spendet hervorragend Schatten.

Gott hatte nämlich mitgekriegt, dass dem Jona beim Warten auf das Feuer vom Himmel doch recht heiß in seiner Hütte wird. Diese Staude wird ihm Kühlung geben. Ihn ins seelische Gleichgewicht bringen. Und Jona freut sich. Seine Wut ist im Nu verraucht. Nun bekommt er Schatten und ist geborgen. Vielleicht hat er sogar geglaubt, dass Gott ihm den Rizinus als gerechten Lohn dafür gegeben hat, dass er Gottes Sache so standhaft vertreten hat. Die Bösen bekommen ihre Strafe – die Guten ihren Lohn. Jona ist high oder zumindest sehr glücklich.

Doch die Freude währt nur einen Tag. Gott bestellt über Nacht einen neuen Boten: einen Wurm. Dieser kleine Wurm zerstört das kleine Glück.

Jon 4,7   Aber am Morgen, als die Morgenröte anbrach, ließ Gott einen Wurm kommen; der stach die Staude, dass sie verdorrte.

 Und Gott legt noch einen drauf…

Jon 4,8   Als aber die Sonne aufgegangen war, ließ Gott einen heißen Ostwind kommen, und die Sonne stach Jona auf den Kopf, dass er matt wurde. Da wünschte er sich den Tod und sprach: Ich möchte lieber tot sein als leben.

 Gott bestellt noch einmal. Diesmal einen heißen Schirokko. Ja – nicht den von VW, sondern einen heißen Wüstenwind – die Folgen für Jona sind schlimm. Ein Sonnenstich läßt ihn völlig abbauen. Seine Todessehnsucht ist wieder da. Er jammert: “Ich will meinen Rizinus wiederhaben – oder sterben, das halte ich nicht aus!“ Er weiß, Gott ist auch der Gott der Stauden und der Würmer. “Wie kann er das zulassen, womit habe das jetzt verdient?’ Jedenfalls – er empfindet Schmerzen. Die Schmerzen, die Gott ihm zumutet. Aber es sind die Schmerzen um den verdorrten Rizinus und echte Kopfschmerzen. Schmerzen, die sich wieder um ihn – um Jona drehen. Es sind aber nicht die Schmerzen, die Gott weh tun für Leute, die verloren gehen.

 

Als Jona vor die Türe trat,

ein heißer Morgen war es grad,

erschrak er sehr und sah sofort,

sein Rizinus war ganz verdorrt.

Da weinte er, da sagte er:

 “Ach wär’ ich tot, ich kann nicht mehr!“

Gott sprach zu ihm ein gutes Wort:

 “Jetzt weinst Du, weil Dein Baum verdorrt,

den Du nicht wachsen lassen kannst,

und den Du nicht mal selbst gepflanzt.

Da sollte ich nicht traurig werden,

wenn meine Kinder dort auf Erden

verderben und zugrunde geh’n,

weil sie mein Wort nicht gut versteh’n?

Da sollte ich die Stadt nicht schonen,

in der so viele Menschen wohnen?

 

Ungereimt, im biblischen Luther – Deutsch, lautet Gottes letztes Gespräch mit Jona so

Jon 4,9   Da sprach Gott zu Jona: Meinst du, dass du mit Recht zürnst um der Staude willen? Und er sprach: Mit Recht zürne ich bis an den Tod.

Jon 4,10 Und der HERR sprach: Dich jammert die Staude, um die du dich nicht gemüht hast, hast sie auch nicht aufgezogen, die in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb,

Jon 4,11 und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertundzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere?

Wieder diese Frage: “Ist es recht, daß Du so zornig bist?“ Diesmal fragt Gott ihn aber wegen der eingegangenen Staude. Die Antwort kann Jona nur in eine Zwickmühle hineinbringen. Wenn Jona “Nein“ sagt, gesteht er, dass seine Wut falsch ist. Er hat keinerlei Anspruch auf den Rizinus und somit auf sein kleines Glück. Das war ihm unverdient von Gott geschenkt worden. Aber dann muss er doch auch Gottes Rettungsgeschenk an Ninive zugestehen.

Sagt er “Ja, ich bin zurecht wütend“, dann beansprucht er doch für sich selbst dir Freundlichkeit Gottes, daß Geschenk des Wohlergehens. Dann kann er ein ähnliches Geschenk an Ninive auch nicht verweigern. Und ob er es kann! Jona antwortet sinngemäß “Ja, mit recht bin ich wütend bis zum Herzinfarkt. Ich will mit diesem Gott und seiner Art nicht mehr leben.“ Hier kommt nichts anderes heraus, als nacktes Selbstmitleid. Das geliebte Ich hat bei ihm immer schon in der Mitte gestanden. Sein Selbstmitleid gegen das Mitleid mit verlorenen Menschen. Mit seinem Gott ist er fertig. Aber der lebendige Gott ist nicht fertig mit ihm. Er lässt diesen Mann nicht los und macht sich mit seiner Frage eigentlich zum Partner Jonas. Gott fragt ihn: “Du bist betrübt wegen dem Rizinus, der Dich nicht einmal die Mühe und Liebe des Gärtners gekostet hat. Du hast ihn nicht gepflanzt, gegossen, gepflegt? Und ich sollte nicht betrübt sein über den Tod von mehr als 120.000 Menschen? Und auch den der Tiere?“ Gott sagt hier: “Dich, lieber Jona, jammert die Staude – mich jammert Ninive. Dich jammert das, was Du ohne eigenes Zutun geschenkt bekommen hast – mich jammert was ich geschaffen habe und was sich selbst kaputt macht, was nicht den rechten Weg kennt.“ 

Mit dieser abschließenden Frage „Bist Du zu Recht zornig?“ spricht Gott alle Jonas zu allen Zeiten an, also auch uns, und erwartet eine Antwort.

Er erwartet die Antwort von dem kleingläubigen Jona, der sich sein Gottesbild selbst gebastelt hat – aber Gottes Herz nicht verstanden hat.

Er erwartet eine Antwort vom trotzigen und selbstgerechten Jona, der nicht umlernen will, dass Gott kein Computer ist, der nach Schema F handelt.

Gott erwartet eine Antwort vom Jona, der sauer reagiert, wenn Gott Erbarmen schenkt, von dem Jona, der sich jammernd immer um sich selber dreht, dem Gott sein bürgerliches Glück zerstört.

Gott erwartet eine Antwort von Jona, der Umkehr predigt, aber selber nicht dazu bereit ist.

Und Gott erwartet eine Antwort von Jona, der von Gott gerettet wird und anderen diese Rettung nicht gönnt.

Gott erwartet eine Antwort vom Jona, der nur betet, wenn es ihm selber an den Kragen geht.

Ist Jona – sind wir – jetzt mit Gott auf einer Wellenlänge? Hat Gott sein Ziel mit ihm und mit uns erreicht?

Gott ist so freundlich und barmherzig, geduldig, langsam zum Zorn und so voller Humor. Er hält alle Jonas fest, auch die Jonas unter uns,  und sendet sie weiterhin in Seinen Dienst, vielleicht gar auch in unsere kleine Stadt Wolfratshausen, am nächsten Wochenende, wenn dann der Weihnachtsmarkt beginnt? Amen!

Singen wir zum Schluss aus Lied 361 die dritte Strophe

„Bald wird uns leuchten Gottes ewges Licht; freue dich, Seele, und verzage nicht! Lass die Klagen schweigen, wenn das Lied erschallt fröhlichen Glaubens: Unser HERR kommt bald! Quelle des Lebens und der Freude Quell, Du machst das Dunkel meiner Seele hell. Du hörst mein Beten, hilfst aus aller Not, Jesus, mein Heiland, mein HERR und Gott.“