Hiob 4 – Wo bleibt Trost und Hoffnung?

Predigt Jürgen 22. April 2001

Hiob 6 – 7

Wo bleibt Trost und Hoffnung?

Rund um uns herum hat es in letzter Zeit einige schwere Krankheitsfälle gegeben, ich denke da zum Beispiel an die Ulrike Gutsch mit ihrem Gehirntumor, ich denke da auch an die verstorbene krebskranke Schwester aus der Münchener Glockenbachgemeinde, die noch drei Woche vor ihrem Tod ihre Bekehrung erleben durfte. Ich denke da an Angela Gail, an ihren Schlaganfall… Ich bezweifle, daß ein jeder von uns so stark im Glauben ist, daß er oder sie am liebsten sofort sterben beziehungsweise heimgehen möchte, um dann bei Jesus im Himmel zu sein…, um unsere angefochtenes irdisches Leben mit einem ewigen Leben in Seiner himmlischen Herrlichkeit einzutauschen, sofort… Wir möchten doch bestimmt alle noch noch fröhlich und gesund weiterleben, wir möchten noch nicht loslassen, uns ganz einfach in Seine himmlische Gnade hineinfallen lassen, dazu hängen wir alle doch noch viel zu sehr am Leben.

Hiob kann es dagegen kaum noch erwarten. Er möchte sterben. Er möchte von seinen körperlichen und seelischen Qualen befreit sein, für ihn wäre sein Tod eine Erlösung, so wünscht er es sich, wie wir es heute sehen werden…

Am 18. Februar haben wir uns hier die Kapitel Hiob 3 bis 5 angeschaut. Hiob wollte von seinen drei Freunden getröstet werden, doch er hat keine Seelsorge erfahren, das Gegenteil war der Fall.

Eliphas, einer von Hiobs alten Freunden, wirft ihm dagegen direkt und indirekt vor, gesündigt zu haben, denn sonst wäre Hiob solch ein Schicksal sicherlich erspart geblieben…. Außerdem solle Hiob doch seinen eigenen Predigten Glauben schenken, auch an seinen eigenen trostreichen Worten festhalten, mit denen er früher als Tröster die Armen und Elenden beglückt habe… Wenn Du solch einen Glauben hättest wie ich, der Eliphas, dann wäre Dir das alles nicht passiert… Und deshalb Hiob, tue Buße, wie ich es immer wieder tue, und dann wirst Du schon sehen, dann wird es Dir bessergehen… Diese und andere Dinge hält ihm der Eliphas ziemlich unseelsorgerlich,  oberlehrerhaft und brutal vor… Hiob sei ja ein Sünder, und Sünder haben es nicht besser verdient…

Hiob ist über diese weiteren Hiobsbotschaften natürlich überhaupt nicht beglückt, und so hat er heute viel Grund zu klagen…

Nach diesen einleitenden Gedanken möchte ich uns wieder einen Überblick geben von dem, was uns heute erwartet…

B Hauptteil

  1. Die Klage Hiobs über sein Schicksal (Hiob 6, 1-13)
  2. Die Klage Hiobs über seine Freunde (Hiob 6,14-30)
  3. Die Klage Hiobs an Gott (Hiob 7)

C Schlußgedanke… Wahre Freundschaft

 

Singen wir jetzt aus Lied 313 die erste Strophe

„Welch ein Freund ist unser Jesus, o wie hoch ist er erhöht! Er hat uns mit Gott versöhnet und vertritt uns im Gebet. Wer mag sagen und ermessen, wieviel Segen uns entgeht, wenn wir nicht zu Ihm uns wenden und Ihn suchen im Gebet?“

 

1.Hauptteil: Die Klage Hiobs über sein Schicksal

Hi 6,1    Hiob antwortete und sprach

 Hi 6,2   «Ach könnte mein Schmerz doch gewogen werden! Legte man doch mein Elend auf die Waage!

Hi 6,3    Es wiegt schwerer als der Sand am Meer, und deshalb sind meine Worte so unbeherrscht.

Eliphas Rede zeigt Wirkung: Zu Hiobs äußerer Not kommt seine innere Not. Hiob fühlt sich am Ende, eine Schicksalswaage würde kaputtgehen vor lauter Unglück und Unmut, kein Gewicht der Welt reicht aus, um sein Leid aufzuwiegen, …und deshalb redet Hiob seiner Meinung nach sehr unüberlegt…

Hi 6,4    Der Allmächtige hat mich mit seinen Pfeilen durchbohrt, tief dringt ihr Gift in mich ein a. Gott hat mich mit seinen Schrecken eingekesselt.
[a] Wörtlich: mein Geist trinkt ihr Gift.

Auch  Hiobs Geist fühlt sich gelähmt und verwirrt, von einem Giftpfeil des Herrn getroffen. Damit drückt Hiob aus, er habe Gott zum Gegner, nicht als einen gerechten Richter, sondern als einen unerbittlichen Feind…

 Hi 6,8    Warum schlägt Gott mir meine Bitte ab und gibt mir nicht, was ich so sehnlich wünsche?

Hi 6,9    Ich wünsche mir nur eins: daß er mich zermalmt und mir das Lebenslicht ausbläst!

Schon einmal hat Hiob eine Todessehnsucht angestimmt (Hiob 3,13), und wieder erhofft er sich, daß Gott doch so gnädig sei, ihn sterben lassen… Dabei möchte Hiob keinesfalls mit einem Fluch gegen Gott sterben, wie es ihm seine Frau geraten hat, er denkt auch keinesfalls an Selbstmord, er möchte sein Leben nicht wegwerfen. Nein, Hiob möchte von Gott barmherzigerweise abberufen werden.

Hi 6,10   Denn einen Trost hätte ich auch dann noch, Grund zum Jubeln trotz schrecklicher Schmerzen: Was der heilige Gott geboten hat, daran habe ich mich immer gehalten!

 Und dennoch: Hiob hat das, was wir vor unserer Bekehrung nicht gehabt haben, und das ist sein einziger Trost: Er ist von Gottes Wort nicht abgefallen, und darüber würde er jubeln und trotz allen Schmerzes fröhlich springen, wenn er es nur könnte…, und deshalb sieht sich Hiob als gerecht und unschuldig vor unserem HERRN an.

Ist Gottes Wort auch unser Trost, auch unsere Heilsgewißheit, wenn es uns einmal schlecht gehen sollte?

Hi 6,11   Aber meine Kraft reicht nicht mehr aus, um noch länger zu hoffen! Auf welches gute Ende soll ich geduldig warten?

11) Wieviel Kraft habe ich noch zum Aushalten, für welches Ziel soll ich durchhalten? So fragt es sich der Hiob… Hinter diesem Leid muß es doch einen Plan geben!

Hi 6,12   Bin ich denn hart und unverwundbar wie ein Stein? Ist mein Körper kraftvoll, wie aus Erz gegossen?

Hiob ist doch auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut – und  kein gefühlsloser Stein oder ein toter Erzklumpen…

Hi 6,13   Ich bin völlig hilflos und weiß nicht mehr aus noch ein!

 Hiob fühlt sich völlig kraftlos, ziellos und hilflos, er weiß nicht mehr aus noch ein!

Singen wir jetzt die Strophe 2 aus unserem Lied 313

„Wenn des Feindes Macht uns drohet und manch Sturm rings um uns weht, brauchen wir uns nicht zu fürchten, stehn wir gläubig im Gebet. Da erweist sich Jesu Treue, wie Er uns zur Seite steht als ein mächtiger Erretter, der erhört ein ernst Gebet.“

 

 2.Hauptteil. Die Klage Hiobs über seine Freunde

 Hi 6,14   Wer so verzweifelt ist wie ich, braucht Freunde, die fest zu ihm halten, selbst wenn er Gott nicht mehr glaubt.

        (HFA)

Und da fragt Hiob nach dem Rat und Seelsorge Seiner Freunde. Wer so verzweifelt ist wie er, der braucht Freunde, die fest zu ihm halten, selbst wenn Hiob nicht mehr an Gott glauben sollte. Doch seine Freunde sind keine Freunde mehr. Er klagt sie des Treuebruches an. Diese Freunde haben kein Standvermögen, ihre Haltung wechselt mit seinem Schicksal. Anstelle des Vertrauens tritt das Mißtrauen. Sie hinterfragen Hiobs Frömmigkeit und beschuldigen ihn des Abfalls von Gott.

Hi 6,15   Ihr aber enttäuscht mich wie die Flüsse in der Wüste, deren Bett vertrocknet, sobald kein Regen mehr fällt.

Hi 6,16   Im Frühjahr treten sie über die Ufer, trübe vom Schmelzwasser, in dem Eisschollen treiben.

Hi 6,17   Aber wenn es heiß wird, versiegen sie und versickern im Boden.

 Und Hiobs Freunde trösten nicht. Sie enttäuschen ihn wie überlaufende Wildbäche, die aber in der Wüste, in der Hitze der Sonnenglut, sofort versiegen! Wie Eiswürfel, die eine kurze Zeit erfrischen und dann plötzlich verrinnen…

Hi 6,18   Karawanen müssen vom Weg abweichen, weil sie dort kein Wasser finden a. Sie steigen hinauf in die Wüste und gehen elend zugrunde.
[a] «weil sie … finden» ist sinngemäß eingefügt.

Hi 6,19   Die Karawanen von Tema spähen nach den Wasserstellen, die Händler von Saba sind auf sie angewiesen,

Hi 6,20   doch ihre Hoffnung wird bitter enttäuscht: Sie kommen dorthin – das Flußbett ist leer!

Hi 6,21   Und ihr? Ihr seid genau wie diese Flüsse: trostlos und leer. Ihr helft mir nicht! Ihr seht mein furchtbares Schicksal und weicht entsetzt zurück!

Solche Freunde sind wie eine Fata Morgana, die den Reisegesellschaften und Wüstenkarawanen Leben, lebendiges Wasser, Trost und Hoffnung vorgaukeln, doch folgen dann diese Karawanen diesem Irrweg, dann zerplatzen diese Lichtspiegelungen und diese Menschen sind hoffnungslos enttäuscht. Hiobs Freunde sind auch so trostlos und leer, sie können nicht helfen. Da zeigt es sich wieder, daß Menschen letztendlich nicht helfen können, wenn es bei uns ans Eingemachte geht. Auch wenn eine Freundschaft noch so schön sein kann, sie trägt nicht durch, wenn das gemeinsame Fundament nicht unser HERR ist. Nur unser HERR bietet uns letztendlich Schutz und Sicherheit. Siehe  Sprüche 29,25

„Menschenfurcht stellt eine Falle;a wer aber auf den HERRN vertraut, ist in Sicherheit (Elberfelder).“

Hi 6,22   Wieso denn? Habe ich euch je gesagt: ‚Schenkt mir etwas! Zahlt ein Bestechungsgeld für mich aus euren Taschen,

Hi 6,23   und rettet mich vor dem Erpresser, aus seinen Klauen kauft mich frei!‘?

Hiob möchte keinen leeren Trost und Rat, auch nützen ihm keine Geldgeschenke. Gesundheit und Heil lassen sich nicht erkaufen. Hiob hat keine falschen Freunde und Erlöser zu sich rufen lassen!

Doch Hiob will seinen Freunden noch eine Chance geben. Doch nun sollen sie bitteschön Wahrhaftiges reden, ihm seine Fehler aufzeigen, sofern er welche gemacht habe, ihm dann Hilfestellung erweisen, dort, wo er falsch gedacht und gehandelt hat – und nicht dumm daherreden. Hiob möchte in seinem Leiden ernst genommen werden und nicht wie ein kleines Kind behandelt werden, dem man vielleicht sagen wird: Es wird schon wieder! Hiob schreit nach guten Freunden, will den Rat der Wahrheit und Weisheit, will den Rat eines Erlösers!  Dazu Spr 12,18

„Die Worte eines gedankenlosen Schwätzers verletzen wie Messerstiche; was ein weiser Mensch sagt, heilt und belebt (HFA)

Ich lese jetzt die folgenden Verse unkommentiert, ich denke, die Übertragung aus „Hoffnung für alle spricht für sich“

„Hi 6,24  Gebt mir eine klare Antwort, und weist mir nach, wo ich im Irrtum bin, dann will ich gerne schweigen!

Hi 6,25   Nur wer die Wahrheit sagt, überzeugt mich – eure Vorwürfe beweisen nichts!

Hi 6,26   Wollt ihr meine Worte tadeln, weil sie so verzweifelt klingen? Was ich sage, verhallt ungehört im Wind! 

Hi 6,27   Ihr würdet selbst ein Waisenkind verkaufen und euren

besten Freund verhökern!“

 Das will in etwa heißen: Wer für die Verzweiflung eines Freundes kein Ohr hat, der bringt es auch fertig, über Leichen zu gehen!

 Hi 6,28   Bitte, seht mich an! So wahr ich hier sitze: Ich sage euch die volle Wahrheit!

Hi 6,29   Ihr tut mir Unrecht! Hört endlich auf damit, denn immer noch bin ich im Recht!

Hi 6,30   Rede ich vermessen? Nie und nimmer! Ich kann doch Recht und Unrecht unterscheiden!

Singen wir jetzt die Strophe 3 aus unserem Lied 313:

„Sind mit Sorgen wir beladen. Sei es frühe oder spät, hilft uns sicher unser Jesus, fliehn wir zu Ihm im Gebet. Sind von Freunden wir verlassen und wir gehen ins Gebet, oh, so ist uns Jesus alles: König, Priester und Prophet“

 

3.Hauptteil: Die Klage Hiobs an Gott

Hiob wendet sich nun, nachdem er von seinen Freunden enttäuscht wurde, direkt an Gott. Hiob redet Gott mit Du an, seine Freunde hat er bisher immer in der Mehrzahl, zum Beispiel mit „ihr“ angesprochen.

Hi 7,1    Gott, warum läßt du mich nicht in Ruhe?
«Das Leben der Menschen gleicht der Zwangsarbeit, von früh bis spät müssen sie sich abmühen!

Hi 7,2    Ein Landarbeiter sehnt sich nach dem kühlen Schatten am Abend; er wartet darauf, daß ihm sein Lohn bezahlt wird.

Hiob sinniert nun über den Sinn des Lebens nach und fragt dabei unseren HERRN, ob das irdische Leben nur wie ein Dienst ist, mit Anspruch auf Lohn und Erquickung, ein Kriegsdienst, mit Anspruch auf Sold? Dies ist eine rhetorische Frage, die sich aus Hiobs Blickwinkel nur mit ja beantworten läßt…, und dabei geht Hiob auf Argumentation der Freunde ein, die genauso denken…

Diese Denkweise entspräche dem Prinzip der Werkgerechtigkeit: Ich tue etwas Gutes, und dafür möchte ich etwas Gutes haben… Wir dürfen es heute besser wissen, dieser Weg ist falsch… Wir sind hier auf Erden ganz von Gottes Gnade abhängig, und diese Gnade kann uns manchmal auch durch schweres Leid führen, es geschieht trotz allem alles zu unserem Besten, auch wenn es uns schwerfällt, so etwas zu glauben, ich denke da an Ulrikes Gehirntumor oder an Angelas Schlaganfall… Erst im Himmel erwartet uns ein uneingeschränkter Lohn mit so viel Freude, ohne Leid…

Es fällt uns da immer leicht, Römer 8,28 zu zitieren, wenn wir selbst nicht schlimm betroffen sind

„Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluß berufen sind.“

Der Vorsitzende der evangelischen Gemeinschaftsbewegung, der Präses Christoph Morgner, berichtet in der Osterausgabe dieses Jahres in Idea, wie ihn selbst ein bösartiges Lymphom, eine Krebserkrankung, wie ein Keulenschlag getroffen hat:

„Alles begann im Herbst des vergangenen Jahres… Nach einer heftigen Angina schwollen die Lymphknoten auf der rechten Halsseite ungewöhnlich stark an…. Kurz vor Weihnachten dasselbe, diesmal aber ohne Angina… Zwei Tage vor Heiligabend begann ein stressiges Behandlungsmarathon…. Wird die Geschwulst bösartig sein? Zu Weihnachten hatte ich in Siegen und in Fronhausen zu predigen zu dem Vers aus 1. Joh 4,9

„Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, daß Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen.“

Wenn ich es im nachhinein richtig sehe, dann habe ich damals vor allem mir selbst kräftig gepredigt. Gottes Liebe zeigt sich nicht darin, daß Er unsere Wünsche erfüllt, sondern daß Er uns Jesus gibt…. In Ihm hat er uns wirklich alles geschenkt, was wir zum Leben und zum Sterben brauchen. Jesus genügt. … Und dann die Diagnose: Eine bösartige Geschwulst. „An dieser Krankheit können sie sterben…“ eröffnet mir der Professor…, bei einer Heilungschance von mehr als 50 Prozent… Eine Chemotherapie beginnt, die jetzt kurz vor dem Abschluß steht….  Wichtige Erfahrungen habe ich gemacht.

1.Meine Krankheit und die Liebe von Jesus schließen sich nicht aus, sondern gehören geheimnisvoll zusammen.

2. Weil ich weiß, daß der Tod nicht meine Endstation sein wird, schaue ich trotz aller Ungewißheit zuversichtlich nach vorn. Ich gehe auf das Leben zu.

3. Ich freue mich über jeden Tag, den ich erleben darf. Meine Zukunft ist unsicher, doch ich bin getrost. Jesus ist da. Das will ich nicht nur anderen predigen sondern auch selber leben und in meinem Amt bezeugen…

4. Das Zusammenstehen mit meiner Frau, unseren drei Kindern, dazu einen großen Freundeskreis erlebe ich als ermutigend. Ich stehe auch hier nicht auf einsamen Posten…“ Soweit Christoph Morgner

Kommen wir wieder zu Hiob zurück. Wo ist der Schatten in dieser Hitze, wo bleibt mein Lohn für das, was ich getan habe? So scheint er Gott zu fragen.

Hi 7,3    Und was ist mein Lohn? Monate, die sinnlos dahinfliegen, und kummervolle Nächte!

Doch Hiob erhält jetzt nicht die erwartete Belohnung, er wird bitter enttäuscht und durchleidet qualvolle Nächte… Eigentlich war ja schon Hiobs friedliches und gesegnetes Leben ohne Leiden vor seiner Todeskrankheit eine große Vorab-Belohnung…

Hi 7,4    Wenn ich mich abends schlafen lege, denke ich: ‚Wann kann ich endlich wieder aufstehen?‘ Die Nacht zieht sich in die Länge, ich wälze mich schlaflos hin und her bis zum Morgen.

Statt eines erfüllten Lebens voller Segen und Freude ist nun alles sinnlos: Die Nacht wird zum Tag, der Tag wird zur Nacht. Nachts kann Hiob vor lauter seelischer und körperlichen Schmerzen nicht schlafen, und tagsüber quälen ihn vor allem seine körperlichen Gebrechen… Ich konnte vor meiner Bekehrung auch nachts nicht schlafen, tagsüber wälzte ich mich total niedergedrückt im Bett herum in diesen Tagen, in dem die Sonne erbarmungslos heiß schien und keine Freunde da waren… Ich fühlte mich zu schlecht um zu leben, aber immer noch zu gut, um zu sterben… Ein äußerst bescheidenes, hoffnungsloses und trauriges Lebensgefühl, diese seelische Notlage, in der ich steckte…, das kann ich auch dem Hiob so richtig nachempfinden.

Doch im Gegensatz zu Hiob war ich körperlich kerngesund, hatte Idealgewicht…, war nicht mit schmarotzenden Würmern und mit Eiterbeulen bekleidet… .

Hiob fühlt sich von allen verlassen, nicht nur von Freunden, sondern auch von Gott – und das ist das Bitterste für Hiob, daß Gott scheinbar keine Notiz von ihm nimmt und das ist ein äußerst depressives Lebensgefühl!

Der einzige gläubige Mensch, der im Angesicht des Todes wirklich gottverlassen war, das war unser HERR Jesus am Kreuz, während der dreistündigen Finsternis

Mt 27,46 Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: a Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
(a) Ps 22,2

Hi 7,6    Schneller als ein Weberschiffchen sausen meine Tage dahin, sie schwinden ohne jede Hoffnung.

 Hiobs Tage fliegen ohne Hoffnung dahin, schneller als das Schiffchen auf einer Webmaschine. Auch unsere Tage fliegen dahin, doch nun nicht mehr hoffnungslos, sondern voller Hoffnung. Hiob schaut in seinem Leide nur noch auf sich selbst und seine selbstgemachte Gerechtigkeit, die jetzt dahinbricht (siehe Vers 1-2), er vertraut zwar nach wie vor seinem Gott (Kap 6,10), doch sein Glaube bricht immer wieder ein wenig ein… Wir können es ihm natürlich nicht vorhalten oder gar vorwerfen, wir, denen es uns immer noch so gut gehen darf, die wir gesund und munter in Oberbayern leben dürfen, einem Land ohne Katastrophen  und Plagen. Uns geht es viel zu gut, und ich denke, wir alle würden sich genauso beklagen, sollte es uns einmal so dreckig gehen wie dem armen Hiob…

Sein Leben kommt ihm wie ein Hauch vor, wie ein Hauch ohne Gott. Was wäre da der Psalm 103 für ein trauriger Psalm, wenn da die Verse über Gottes Barmherzigkeit fehlen würden, es würde sich so lesen

Ps 103,15      a Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde;
(a) (15 und 16) Ps 90,5-6; Hiob 7,10

Ps 103,16      wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr.

Doch Gott sei Dank sind diese Verse eingebettet in Grottes Gnade und Barmherzigkeit:

Ps 103,13      Wie sich a ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten.
(a) Lk 15,11-24

Ps 103,14      Denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er gedenkt daran, a daß wir Staub sind.
(a) 1. Mose 2,7; 3,19

und

Ps 103,17      a Die Gnade aber des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind
(a) Lk 1,50

Doch Hiob kann in seinem Leiden keine Gnade und Barmherzigkeit mehr erkennen. Aber Hiob wendet sich in seinem Klagegebet an Gott!

Hi 7,7    Bedenke, daß mein Leben ein Hauch ist und meine Augen nicht wieder Gutes sehen werden.

Hi 7,8    Noch siehst du mich, doch nicht mehr lange, und wenn du mich dann suchst, bin ich nicht mehr da.

Hi 7,9    Wie eine Wolke, die vorüberzieht, so ist ein Mensch, der stirbt: Vom Ort der Toten kehrt er nie zurück, dort, wo er einmal wohnte, ist er bald vergessen.

Das Leben scheint wie ein Windhauch, kurzlebig, vergänglich und sinnlos…, wenn Hiob erst einmal tot ist, dann werden all seine Freunde nicht mehr an ihn denken, ihn nicht mehr sehen, er wird dann Luft für sie sein, ein gewesener Hauch…, wie eine Wolke, die verflogen und verschwunden ist. Dann weiß sich Hiob im Totenreich, im Reich der Lebenden wird er dann vergessen sein… so denkt Hiob…

… und deshalb möchte Hiob nicht mehr rücksichtsvoll seinen Mund halten, wofür denn noch? Er will reden und klagen, all seinen angstvollen und betrübten Gedanken freien Lauf lassen, egal, ob diese Gedanken klug oder dumm sind…

Hi 7,11 Darum will auch ich meinen Mund nicht halten; ich will reden in der Angst meines Geistes, in der Betrübnis meiner Seele will ich klagen:

In seiner Bitterkeit läßt Hiob seinen Gedanken jetzt freien Lauf und bietet somit auch Angriffspunkte gegen sich… Hiob klagt jetzt Gott an. Wie ein Ungeheuer fühlt er sich, in einen finsteren Kerker gesteckt und scharf bewacht…

Hi 7,12 Bin ich denn ein Meer oder ein Ungeheuer, daß du eine Wache wider mich aufstellst?

Hi 7,13 Wenn ich dachte, mein Bett soll mich trösten, mein Lager soll mir meinen Jammer erleichtern,

Hi 7,14 so erschrecktest du mich mit Träumen und machtest mir Grauen durch Gesichte,

Selbst in der Nacht findet er keinen Trost mehr (siehe Vers 4)

und in den wenigen schläfrigen Stunden schicke Gott ihm Alpträume, so meint Hiob. Doch Satan schickt diese Träume, von Gott ist es zugelassen. Gott läßt uns nicht über unsere Kräfte heraus versuchen

1Kor 10,13    Bisher hat euch nur menschliche Versuchung getroffen. Aber Gott ist treu, a der euch nicht versuchen läßt über eure Kraft, sondern macht, daß die Versuchung so ein Ende nimmt, daß ihr’s ertragen könnt.
(a) Ps 68,20; 2. Petr 2,9

Hiob möchte lieber tot sein als solch ein dahinsichendes Leben zu führen. Er ist am Ende seiner Kräfte, und deshalb glaube ich, daß Hiob nicht mehr allzu lange durchleiden mußte… Das Buch Hiob ist zwar noch lang, aber diese Unterhaltungen und Reden können auch innerhalb weniger Stunden und Tage geführt worden sein… Gott wird ihn nicht über seine Kräfte hinaus versuchen lassen!

Hi 7,15   Am liebsten würde ich erhängt! Lieber sterben, als noch länger in diesem elenden Körper leben!

Hi 7,16   Ich gebe auf! So will ich nicht mehr weiterleben! Laß mich in Ruhe, denn mein Leben hat keinen Sinn mehr!

Hiob möchte nicht mehr leben…, lieber tot als solch ein sinnloses Leid! Lieber reich und gesund als arm und krank, so könnte Hiob denken. Und wenn arm und krank, dann lieber tot… So denken heute viele, viele Menschen, die unseren HERRN nicht kennen!

Hi 7,17   Gott, warum nimmst du einen Menschen so ernst? Warum beachtest du ihn überhaupt? (HFA)

Gott nimmt aber auch Hiob ernst, ganz ernst. In Seiner Rede aus dem Gewittersturm wird Gott dem Hiob noch ganz ausführlich antworten (Hiob 38-41) Gott handelt trotz alledem aus Liebe zu uns. Wir sind Sein Ebenbild, in aller Freude und in allem Leide… , so wie auch Hiob ein Bild auf unseren Jesus hin am Kreuz geworden ist.

Hi 7,18 Jeden Morgen suchst du ihn heim und prüfst ihn alle Stunden.

Hi 7,19 Warum blickst du nicht einmal von mir weg und läßt mir keinen Atemzug Ruhe?

Hiob läßt seiner Rede freien Lauf, redet unüberlegt…er denkt nicht mehr an Sein früheres gesegnetes Leben…

Hiob hadert wieder mit Gott, nicht mit dem Teufel, der ihn angreift.

Ein unbedarfter Bibelleser könnte nun meinen, Gott wolle Hiob so erbärmlich strafen, Gott wolle sich an Hiob für irgendetwas rächen…, Gott ließe ihm keine Zeit für das Allernötigste mehr, geschweige denn zum Herunterschlucken des Speichels…

Hiobs Gottesbild hat sich im Vergleich zu Hiob 1-2 verschoben. Am Anfang Seines Leidens hat Hiob noch so gesprochen:

Hi 1,21: Ich bin a nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der HERR hat’s gegeben, der HERR hat’s genommen; der Name des HERRN sei gelobt! – b
(a) Pred 5,14; 1. Tim 6,7; (b) Jak 5,11

Hi 7,20 Hab ich gesündigt, was tue ich dir damit an, du Menschenhüter? Warum machst du mich zum Ziel deiner Anläufe, daß ich mir selbst eine Last bin?

Hiob ist sich zwar seiner Unschuld bewußt, doch geht nun wieder auf die Argumentation seiner Freunde ein und erwägt zu mindestens eigene Sünden als Grund für Gottes Handeln. Und selbst, wenn da noch unvergebene Sünde wäre, was könne er, der kleine, armselige Hiob denn damit dem allmächtigen Gott schon antun? Gottes Reaktion auf eventuelle Sünde sei doch total überzogen, wenn Er den Hiob zur Zielscheibe für Seine Strafaktion macht… Hiob läßt seinen verzweifelten Gedanken freien Lauf, jetzt redet er dummes Zeug… Dabei ist doch der Hiob einer der wenigen Glaubenshelden in der ganzen Heiligen Schrift, über den von keiner Sünde auch nur irgendetwas berichtet wird… So wie auch beim Daniel…

Hi 7,21 Und warum vergibst du mir meine Sünde nicht oder läßt meine Schuld hingehen? Denn nun werde ich mich in die Erde legen, und wenn du mich suchst, werde ich nicht mehr dasein.

Hiob bittet hier Gott, ihm doch auch die unbekannte Sündenschuld zu vergeben und sodann auch auf weitere Bestrafung zu verzichten… Hiob freundet sich aus Verzweiflung immer mehr mit dem nicht richtigen Gedanken an, daß persönliches Leiden eine Folge von persönlicher Sünde sei, dabei ist es doch eigentlich eher umgekehrt…

Ps 73,16 Also versuchte ich zu begreifen, warum es dem Gottlosen gut und dem Frommen schlecht geht, aber es war viel zu schwer für mich.

Hiob hat nun die Nase endgültig voll und möchte von der Bildfläche verschwinden, sich verkrümmeln nach irgendwohin, wo selbst Gott ihn nicht mehr finden kann. Er möchte wenigstens beim Versteckspielen vor Gott als Sieger hervorgehen. Wäre Hiobs Verstand jetzt klar, er wüßte, daß das nicht funktioniert…

Singen wir jetzt aus Lied 313 noch einmal die erste Strophe

„Welch ein Freund ist unser Jesus, o wie hoch ist er erhöht! Er hat uns mit Gott versöhnet und vertritt uns im Gebet. Wer mag sagen und ermessen, wieviel Segen uns entgeht, wenn wir nicht zu Ihm uns wenden und Ihn suchen im Gebet?“

In unserem Predigtlied habe wir unseren HERRN Jesus als Freund und Erretter besungen. Welch ein Freund ist unsere Jesus! Ein echter Freund, der uns lieb hat, der für uns eintritt, zu dem wir jederzeit vertrauensvoll kommen können, der uns erquickt. Jesus ist ganz anders als Hiobs Freunde, von denen wir allerdings erst den Eliphas kennengelernt haben, Jesus ist nicht vorwurfsvoll, nicht rechthaberisch, nicht anklagend…

In diesem Lied wird sehr das Gebet betont, das Gebet, um zum Beispiel auch bei Jesus alles abzuladen, unsere Sorgen, unsere Nöte unsere Ängste… Er erhört ein ernst Gebet!

Hiob hat die erste Erfahrung gemacht, daß seine Freunde ihm offensichtlich nicht helfen können, und deshalb wendet auch er sich direkt an Gott, um ihm sein bitteres Leid zu klagen. So etwas wirkt befreiend, und auch Hiob findet, trotz seiner Todessehnsucht, wieder genügend Kraft, um noch bis Hiob, Kapitel 37 durchzuhalten, es stehen ihm also noch anstrengende Reden und Widerreden bevor, bevor dann schließlich Gott selbst eingreift und Hiob letztendlich wieder zurechtbringt.

Wir werden im neuen Testament immer mal wieder dazu aufgefordert, zu beten, beharrlich zu beten, so auch in Kolosser 4,2

„Laßt euch durch nichts vom Gebet abbringen, und vergeßt dabei nicht, Gott zu danken.“ (HFA)

Doch meistens plappern wir nur drauflos, bitten und beten, als ob wir zu unseren Kindern, Freunden und Kollegen sprechen würden… Uns ist dabei zu wenig bewußt, daß wir dabei eine richtige Audienz mit unserem Schöpfer und Heiland Jesus Christus haben… Im Namen Jesu sollen wir beten, nicht in unserem eigenem Namen. Jesus hört und erhört am liebsten solche Gebete, die mit Seinen Wünschen und Zielen für unsere Leben übereinstimmen… Der Gute Heilige Geist übermittelt unsere schwachen Gebete, unser Lallen, unser unkonzentriertes Reden zu unserem HERRN Jesus. Durch diesen Guten Heiligen Geist sind wir direkt mit unserem HERRN verbunden (siehe Römer 8,16 und 26), und Jesus vertritt uns vor Gott, dem allmächtigen Vater, mit unseren Gebeten… Was für eine mächtige Waffe haben wir doch da mit unserem Gebet! Und wie gut tut es uns doch, alle Sorgen und Nöte, aber auch alle Freude und Ehre gleich wieder an Jesus abzugeben. Dann dürfen wir immer wieder einen tiefen Frieden als Antwort empfangen, und Gebetserhörungen, immer wieder…

Beharrlich sein im Gebet heißt aber für uns auch, daß wir uns in allen Lebenslagen an unseren Freund und Heiland Jesus wenden können, nicht nur im stillen Kämmerlein oder in der Gemeinde… Auch in der Arbeit, beim Sport, auch in Krankheit und schwerem Leid… Da dürfen wir bei unserem HERRN alles loswerden, auch bittere Klagen, so wie es Hiob getan hat. Jesus hört unser Gebet immer, von allen Seiten umgibt Er uns, unser großartiger himmlischer Freund!

Amen!