Predigt Jürgen 2. Juni 2002
Römer 7,14 – 25
Ihr sollt heilig sein…
Nun bin ich schon fast elf Jahre lang ein wiedergeborener Christ. Rein äußerlich bin ich deshalb vielleicht auch schon ein „alter Hase“, gewiß rein optisch, jedoch keinesfalls in geistlichen Dingen. Das tägliche Leben mit oder auch ohne unseren HERRN ist für mich oft ein regelmäßiger Kampf, ein geistlicher Kampf. Wenn ich nicht schon längst wüßte, daß ich auf der Siegerseite stehe, ich hätte mich schon längst aufgegeben im Anblick meiner täglichen Niederlagen. So ist es auch mit dieser Predigtvorbereitung gewesen. Seit Wochen weiß ich schon, daß ich am 2. Juni an der Reihe bin. Seit Wochen schwebt mir das Thema „Heiligung“ durch den Kopf. Doch was mache ich? Seit Wochen bereite ich mich nicht vor, ganz nach dem Motto: „Der HERR wird es schon richten…“ Dagegen habe ich viel Zeit für Sport und Freizeit. Fünf bis sechsmal wöchentlich trainiere ich schon seit Monaten, um das sicherlich nicht schlechte Ziel zu verfolgen, abzunehmen, so ganz nach einem weiteren Motto, siehe Joh 3,30: „Der HERR muß wachsen, ich aber muß abnehmen!“ Sicherlich hat mir der HERR in den letzten Wochen auch durch dieses Training sehr geholfen, bisher etwa 12 kg abzunehmen… Doch ist der HERR in derselben Zeit auch in mir gewachsen? Viel Frucht sehe ich da nicht. Fünf Tage vor dieser heutigen Predigt habe ich immer noch keine Vorbereitungen dafür getroffen…, alles andere war mir bis dahin wichtiger gewesen. Da trifft es sich dann doch sehr gut, daß ich mir bei meinem regelmäßigen 45 minütigem Training auf meinem Heimtrainingsrad biblische Vorträge aus diversen Bibelseminaren anhöre, um diese Trainingszeit auch geistlich sinnvoll zu überbrücken. Zur Zeit sind es 12 Kassetten mit 24 Vorträgen von Paul Timblin über den Römerbrief. Paul Timblin kennt sich besonders gut im Neuen Testament aus, er lehrt es an der Bibelschule Brake. Paul Timblin ist dort Studienleiter. So hatte ich fünf Tage vor meiner heutigen Predigt bei diesen Streifzügen durch den Römerbrief mein heutiges Thema gefunden, ein Thema, welches mich schon seit langer Zeit beschäftigt. Es geht um Heiligung. Allerdings fehlte mir seit Dienstag die Zeit dazu, über diese so wichtige Frage eine eigene Predigt zu schreiben, inklusive all der Exegesen, Parallelstellenrecherchen und sonstigen Vorbereitungen dazu. Deshalb möchte ich heute größtenteils Paul Timblins wertvolle Gedanken ganz einfach zitieren und zusammenfassen, wir werden dabei immer die Kapitel 6 und 7 des Römerbriefes im Auge behalten. Froh und dankbar bin ich, daß mir der HERR noch kurzfristig ein aktuelles Thema geschenkt hat, sogar ein Thema, welches schon größtenteils vorbereitet war. Doch dies ändert nichts an der Tatsache, daß ich mich immer noch so ungeistlich und unheilig fühle, so wie es auch der Apostel Paulus in Römer 7, Verse 14 – 25 beschreibt, ich lese aus der Übertragung „Hoffnung für Alle“:
„Ich verstehe ja selber nicht, was ich tue. Das Gute, das ich mir vornehme, tue ich nicht; aber was ich verabscheue, das tue ich. Bin ich mir aber bewußt, daß ich falsch handle, dann gebe ich damit zu, daß Gottes Gesetz gut ist.Das aber bedeutet: Nicht ich selbst tue das Böse, sondern die Sünde, die in mir wohnt, treibt mich dazu. Ich weiß wohl, daß der Mensch von Natur aus nicht gut ist. Deshalb werde ich niemals das Gute tun können, so sehr ich mich auch darum bemühe. Ich will zwar immer wieder Gutes tun und tue doch das Schlechte; ich verabscheue das Böse, aber ich tue es dennoch. Wenn ich also immer wieder gegen meine Absicht handle, dann ist klar, daß es die Sünde in mir ist, die mich zu allem Bösen verführt. Ich mache immer wieder dieselbe Erfahrung: Das Gute will ich tun, aber ich tue das Böse. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als Gottes Gesetz zu erfüllen. Dennoch handle ich nach einem anderen Gesetz, das in mir wohnt. Dieser Widerspruch zwischen meiner richtigen Einsicht und meinem falschen Handeln beweist, daß ich ein Gefangener der Sünde bin. Ich stelle also fest: Innerlich stimme ich zwar dem Gesetz Gottes zu, aber in meinen Taten folge ich dem Gesetz der Sünde. Ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich jemals aus dieser Gefangenschaft befreien? Gott sei Dank! Durch unseren Herrn Jesus Christus sind wir bereits befreit.“
Wenn wir uns diese Einsichten des Apostels Paulus anschauen, dann stellt sich für uns sehr bald die Frage, ob Paulus hier aus der Sicht eines gläubigen oder eines ungläubigen Menschen heraus schreibt. Auch die bibelfesten und evangelikalen Theologen und Bibelausleger kommen hier zu ganz gegensätzlichen Ergebnissen. Aus meiner begrenzten Sichtweise werde ich diese Frage im Schlußteil beantworten, vorher möchte ich aber zusammen mit Paul Timblin auf viele Begriffe näher eingehen, die uns der Paulus hier in diesem Text direkt oder indirekt vorgegeben hat. Lesen wir, nach diesen einleitenden Gedanken dazu die Gliederung dieser heutigen Predigt:
B Hauptteil
1. Der Sinn des Gesetzes
2. Sünde, Vergebung und Heilsgewißheit
3. Heiligung
a)Die positionelle Heiligung
b)Die vollkommene Heiligung
c)Die fortlaufende Heiligung
d)„Billige Gnade“?
e) Was läßt uns in der Heiligung wachsen?
C Schlußgedanke: …ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich
befreien?
Singen wir dazu aus Lied 290 die erste Strophe:
„Bei Dir, Jesus, will ich bleiben, stets in Deinem Dienste stehn; nichts soll mich von Dir vertreiben, will auf Deinen Wegen gehen. Du bist meines Lebens Leben, meiner Seele Trieb und Kraft, wie der Weinstock seinen Reben zuströmt Kraft und Lebenssaft.“
Kommen wir jetzt zum ersten Hauptteil, fragen wir uns jetzt, was für einen Sinn das alttestamentliche Gesetz aus unserer, aus der paulinischen Perspektive hat.
Es ist nicht das Gesetz, welches Sünde und Tod verursacht, sondern unsere sündige Natur, das soll hier unser Leitgedanke sein. Das Gesetz ist in sich gut. Es hat eine sehr positive Rolle gespielt, nämlich uns zu zeigen, was wir eigentlich sind, nämlich Sünder und Gesetzesübertreter! Ein schönes Beispiel jetzt dafür: Da ist ein Schild. Es hängt auf einer Tür: „Vorsichtig, frisch gestrichen! Nicht berühren!“ Was passiert jetzt? Zuerst guckt man dumm herum…, und was passiert dann? Ihr wißt es… Wir holen uns Farbenkleckse ab… Oder ein anderes Schild: „Betreten der Rasenfläche verboten!“ Und was wollen wir jetzt am liebsten tun? Auf dem Rasen gehen! Welche Absicht hat Gott mit dem Gesetz? Uns zu zeigen, wie wir ganz einfach sind. Da ist zum Beispiel ein Gebot: „Du sollst nicht begehren…“, und was passiert? Der Mensch regt sich darüber auf und begehrt… Paulus schreibt darüber in diesem Zusammenhang, siehe Röm 7,9: „…als aber das Gebot kam, wurde die Sünde lebendig“
Das Gebot, das Gesetz ist in sich nicht böse, nicht schlecht. Es ist dagegen meine sündige Natur, die miserabel ist. Gott hat mit dem Gesetz die Absicht gehabt, uns zu helfen, uns zu zeigen, wie wir sind und welche Not wir haben. Können wir also darin übereinstimmen, daß die Absicht des Gesetzes gut ist? Was haben aber die Juden mit dem Gesetz gemacht? Was lehren da die Pharisäer? Sie drehen das Gesetz um, mißbrauchen das Gesetz und sagen vereinfacht: Wenn ich das Gesetz tue, dann bin ich gerettet.
Ähnlich ist es heute mit der Taufe. Sie ist ein Zeichen für die sichtbare und unsichtbare Welt, daß ich mich mit Jesus identifiziert habe.. Ich bin mit Ihm gestorben, begraben und wieder auferstanden, also geistlich wiedergeboren. Was tut der Mensch heute? Er sagt: Wenn ich getauft bin, dann bin ich gerettet.
Singen wir jetzt die zweite Strophe von Lied 290:
„Wo ist solch ein HERR zu finden, der, was Jesus tat, mir tut: Mich erkauft von Tod und Sünden, mit dem eignen teuren Blut? Sollt ich dem nicht angehören, der Sein Leben für mich gab? Sollt ich Ihm nicht Treue schwören, Treue bis in Tod und Grab?“
Kommen wir jetzt zum zweiten Hauptpunkt, es geht jetzt um Sünde, Vergebung und Heilsgewißheit, wer will, kann dazu in Römer 6,1-14 nachlesen. Unser Leitgedanke heißt jetzt: Jesus ist für alle meine Sünden gestorben! Deshalb habe ich Heilsgewißheit!
Als Jesus für meine Sünden am Kreuz von Golgatha starb, für welche meiner Sünden ist Er da gestorben? Für alle meine Sünden! Für die Sünden meiner Vergangenheit, für die Sünden meiner Gegenwart und bereits auch für die Sünden meiner Zukunft! Das ist sogar auch sehr logisch, denn: Als Jesus am Kreuz von Golgatha starb, wo waren da alle meine Sünden? Die lagen damals alle noch in ferner Zukunft! In dem Moment, in dem ich sage, daß Jesus für alle meine Sünden, also auch für meine zukünftigen Sünden gestorben ist, ist Er auch für eine mögliche Einstellung von mir gestorben, die da lauten könnte: Ich möchte wieder in der Welt leben! Auch diese Sünde ist bereits vergeben! Darüber hinaus, in dem Moment, in dem wir Jesus im Glauben annehmen, passieren mindestens dreiunddreißig verschiedene geistliche Wahrheiten, ich erwähne einige davon: Wir sind gerechtfertigt, wir sind freigesprochen, wir sind erlöst, wir sind herausgekauft aus dem Sklavenmarkt der Sünde, wir sind mit Gott versöhnt, unsere Schuld ist vergeben, wir sind von oben her geboren Wir sind zu Kindern Gottes geworden. Wir sind mit dem Heiligen Geist getauft in den Leib Christi. Wir sind mit dem Heiligen Geist versiegelt. Es gibt keine einzige Bibelstelle im neuen Testament, die mir sagt, daß es möglich ist, auch nur eine dieser Wahrheiten ungültig zu machen.
Wir haben die natürliche Geburt erlebt. Ich habe einen Vater und eine Mutter. Ich habe zu ihnen eine gute Beziehung. Als ich klein war, haben sie Wünsche und Ziele für mich gehabt. Es hätte sein können, daß ich mit 18 gesagt hätte, ich möchte mit Euch nichts mehr zu tun haben. Ich gehe weg, laßt mich in Ruhe, ich möchte Euch nie wieder sehen. Ich hätte dies tun können, aber eines wäre nie möglich gewesen: Nicht mehr ihr Kind zu sein! Ich bleibe ihr Kind, und ich denke, daß es auch im geistlichen Bereich so ist. Ich bin von oben her geboren, ich habe Gottes Natur, ich bin Sein Kind, jetzt hat Er Wünsche und Ziele für mich, Er weiß das Beste für mich, aber ich kann sagen: Ich will nicht mehr! Laß mich in Ruhe, ich will nichts mehr mit Dir zu tun haben…! Aber ich glaube persönlich, daß es eins gibt, das ich nicht tun kann: Ich kann nicht ungültig machen, was geschehen ist. Und ich glaube nicht, daß es eine Bibelstelle im neuen Testament gibt, die deutlich aussagt, daß man sein Heil verlieren kann. Fast jede Stelle ist eine sehr umstrittene Stelle und fast immer wird der Zusammenhang mißachtet in der Betrachtung. Nehmen wir Hebräer 6 als Beispiel.- Dort gibt es eine Bibelstelle, die oft als Beleg dafür hergenommen wird, daß wir unser Heil wieder verlieren können. Schlagen wir jetzt Hebräer 6,1-6 auf:
„1 Darum wollen wir jetzt lassen, was am Anfang über Christus zu lehren ist, und uns zum Vollkommenen wenden; wir wollen nicht abermals den Grund legen mit der Umkehr von den toten Werken, mit dem Glauben an Gott, 2 mit der Lehre vom Taufen, vom Händeauflegen, von der Auferstehung der Toten und vom ewigen Gericht. 3 Das wollen wir tun, wenn Gott es zuläßt. 4 Denn es ist unmöglich, die, die einmal erleuchtet worden sind und geschmeckt haben die himmlische Gabe und Anteil bekommen haben am heiligen Geist und geschmeckt haben das gute Wort Gottes und die Kräfte der zukünftigen Welt 6 und dann doch abgefallen sind, wieder zu erneuern zur Buße, da sie für sich selbst den Sohn Gottes abermals kreuzigen und zum Spott machen.“
Paul Timblin hinterfragt jetzt den Zusammenhang: Was ist die Hauptaussage von Vers 1? Was wollen wir tun? Aber wir sollen das lassen, was am Anfang über Christus zu lehren ist und uns zum Vollkommenen wenden. Er will, daß wir welchen Punkt verlassen? Unreife! Und zu was kommen? Zur Reife! Was ist das Gegenteil davon? Was passiert, wenn sie abfallen? Sie kommen nicht zur Reife. Sie fallen ab in der Unreife. Der Zusammenhang ist entscheidend. Über diese Verse sind schon gewaltige Kommentare geschrieben worden, Paul Timblin hat seinen Standpunkt hier nur ganz kurz zusammengefaßt. Wir können unser Heil nicht mehr verlieren!
Unsere Stellung, die wir haben, bleibt, sie ist heilig, unsere zukünftige Stellung im Himmel wird vollkommen sein, doch meine Verantwortung in der Gegenwart ist es, jetzt entsprechend zu leben.
Jeder von uns, und das hat Luther auch schon gesagt, ist und bleibt ein Knecht. Widerspricht das nicht dem Freiheitsgedanken, den Paulus uns lehrt in Röm 8,21 ?
„…denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.“
Wir wollen ja auch frei sein…! Wir wollen machen, was wir wollen! Und wir leben bereits in einer ganz ungeahnten und grenzenlosen Freiheit, die uns Jesus in Seiner Gnade geschenkt hat. Unser Problem dabei ist nur, daß uns die Verführungen des Teufels viel verlockender, süßer und freier erscheinen, als sie es jemals sind und sein können. Diese Scheinfreiheit der Sünde endet in einem Irrgarten der Ausweglosigkeit und letztendlich des Todes, wenn wir uns nicht rechtzeitig von Jesus retten lassen, ich habe es fast erleben können.
Doch eigentlich ist keiner frei von uns. Wir sind Sklaven und werden Sklaven bleiben. Die Frage dabei ist: Wem dienen wir? Paulus sagt: Ehe wir zum Glauben gekommen sind, haben wir keine Wahl gehabt. Der HERR, dem wir gedient haben, ist die Sünde. Mit unseren Gliedern haben wir der Sünde gedient. Und was war die Folge dieses Dienstes? Was sagt uns Paulus hier? Die Folge ist der Tod! Sünde führt immer zum Tod. Die Folge der Sünde wird der Tod sein! Wer in der Sünde lebt, bekommt als Lohn, als Frucht den Tod.
Aber jetzt sind wir von der Macht der Sünde befreit, jetzt sind wir in Christus gestorben und auferstanden und wir sind frei. Wir brauchen dieser Sünde nicht mehr dienen. Wir können der Gerechtigkeit dienen, der Gnade. In einem gewissen Sinn haben wir hier auch als Christen die freie Wahl.
Wem diene ich? Knecht bleibe ich! Ich werde entweder dem Teufel oder Jesus dienen. Nur wenn ich der Gnade diene, habe ich als Frucht und als Lohn das ewige Leben. Wessen Sklave bist Du?
Wir waren Knechte der Sünde, das ist unser vergangener Zustand! Unser jetziger Zustand: Wir sind Knechte der Gerechtigkeit! Unsere tägliche Frage lautet aber immer wieder: Wem möchte ich heute dienen? Unsere Hingabe wird täglich neu von uns entschieden, wie gut, daß uns unser HERR Jesus bereits ein für alle Male erlöst und gerettet hat!
Singen wir jetzt aus Lied 290 die dritte Strophe:
„Ja, HERR Jesus, bei Dir bleib ich, so wie in Freude und in Leid; bei Dir bleib ich, Dir verschreib ich mich für Zeit und Ewigkeit. Deines Winks bin ich gewärtig, auch des Rufs aus dieser Welt; denn der ist zum Sterben fertig, der sich lebend zu Dir hält.“
Kommen wir jetzt zum dritten Hauptteil, zum großen Thema der Heiligung. Auch hier will ich einen Leitgedanken voranstellen:
Das zukünftige Heil und das zukünftige ewige Leben sind immer ein Verdienst, unser gegenwärtiges Heil und unser gegenwärtiges Leben in Seiner Gnade sind immer Geschenke! Niemand kann das Heil als Verdienst bekommen, wenn er es nicht vorher als ein Geschenk angenommen hat!
Was bedeutet Heiligung. Zunächst einmal bedeutet Heiligung eben nicht, stehenzubleiben und so zu tun, als wäre bereits alles für uns erledigt, dabei Däumchen drehend und auf die sogenannte „billige Gnade“ hoffend.
Heiligung beinhaltet einerseits das Trennen oder Absondern und andererseits eine Reinheit ohne moralische Fehler. Heiligkeit ist die Abwesenheit des Bösen und die Anwesenheit der Reinheit. Heiligung bedeutet, moralisch tadellos zu sein.
Gott ist heilig, das heißt, Er ist von uns getrennt und abgesondert. Solch einen Gott brauchen wir, siehe auch Hebr 7,26:
„Denn einen solchen Hohenpriester mußten wir auch haben, der heilig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern geschieden und höher ist als der Himmel.“
Gott unterscheidet sich von uns, indem Er heilig ist. Jemand, der heilig ist, ist abgesondert. Wir sollen abgesondert und getrennt für Gott da sein, wir sollen heilig leben. Auf der anderen Seite bedeutet Heiligkeit Reinheit ohne irgendwelche moralischen Fehler, getrennt sein vom Bösen, also moralisch tadellos. Unser HERR fordert von Seinen Jüngern dieses „heilig sein“, lesen wir dazu 3Mo 19,2:
„Rede mit der ganzen Gemeinde der Israeliten und sprich zu ihnen: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der HERR, euer Gott.“
Dieses Gebot wird im neuen Testament, zum Beispiel in 1. Petr 1,16, wiederholt, es zeigt uns also, wie wichtig unserem HERRN ein heiliger Lebenswandel für uns ist.
Schauen wir uns jetzt die verschiedenen Aspekte der Heiligung an. Es gibt einen Blickpunkt, der vergangen ist, es gibt einen Perspektive, die gegenwärtig ist und es gibt einen zukünftigen Blickwinkel.
Heiligung aus der Perspektive der Vergangenheit ist eine positionelle Heiligung. Was bedeutet diese positionelle Heiligung? Das ist unsere Stellung, die Stellung, die alle Gläubigen haben, die durch den Glauben zur Familie Gottes gehören. Durch den Glauben sind wir in Gottes Augen bereits heilig, diese unsere Stellung zu Gott ist unabhängig von unserem derzeitigen geistlichen Zustand. Eine Tatsache wird hier betont. Paulus kann deshalb auch an die Gemeinde in Korinth schreiben, siehe 1Kor 6,11:
„Und solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.“
Was wissen wir über die Gemeinde in Korinth? Es ist eine Gemeinde mit vielen Problemen, milde ausgedrückt. Diese Gemeinde lebt in Sünde. Und trotzdem sagt Paulus in Bezug auf ihre Stellung „Ihr seid heilig, reingewaschen und gerecht geworden…!“ Dieser positionelle Aspekt der Heiligung ist also gleichzusetzen mit Errettung und Erlösung und Versöhnung. Dieser Aspekt der Heiligung drückt aus, daß etwas geschehen ist, weil wir in Christus sind. Auch wir sind heilig! Dagegen werden nur einige wenige Menschen in der katholischen Kirche heilig gesprochen, erst nach ihrem Tod. Alle andren Katholiken sind demnach nicht heilig. Hier irrt die Lehre der katholischen Kirche, denn alle, die an unseren HERRN glauben, sind bereits heilig, das ist die Stellung, die wir vor Gott haben, das ist unsere positionelle Heiligung. Gott hat uns als Gläubige bereits heilig gesprochen! Wenn Gott uns vom Himmel heraus sieht, dann sieht Er Christus in uns und deshalb sind wir in Seinen Augen abgesondert und rein. Wir sind alle heilig, alle gleich heilig, nicht weniger und auch nicht mehr heilig, unabhängig von unserem jetzigen geistlichen Zustand, keiner ist hier besser als der andere. Alle sind gleich und ganz heilig…! Das ist unsere Stellung vor Gott. Das ist der Grund, warum Er mit uns Gemeinschaft haben möchte.
Kommen wir jetzt zum zweiten Aspekt der Heiligung. Eigentlich ist es der 3. Aspekt, denn er liegt noch in unserer Zukunft. Es ist die vollkommene Heiligung als Vollendung, es ist die Vollendung der Gläubigen nach dem Tod, dann, wenn wir im Himmel sind. Lesen wir dazu 1Jo 3,2:
„Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie Er ist.“
Wir haben die wunderbare Hoffnung, daß wir eines Tages vor Jesus sein werden, daß wir eines Tages, in dem Moment, wo wir Ihn sehen, verwandelt werden und die Frage der Sünde wird nicht mehr vorhanden sein. Wir werden sein wie Er ist, wir werden absolut heilig sein. Das ist eine Hoffnung, aber noch nicht Realität. Die Stellung, die wir vor Gott haben, ist eine Realität, die Hoffnung wird eine vollkommene Heiligung sein. Die Bibel spricht deutlich von diesen zwei Aspekten, aber es gibt einen dritten Aspekt, der eigentlich der zweite Aspekt ist, weil er unsere Gegenwart betrifft, und dies ist die progressive beziehungsweise fortlaufende Heiligung.
Und jetzt müssen wir mitdenken. Mit progressiver oder fortlaufender Heiligung meinen wir das geistliche Wachstum, das schon jetzt von uns erwartet wird durch Gehorsam Gott und Seinem Wort gegenüber. Dadurch werden wir für Gott brauchbar. Wenn wir in dieser Heiligung leben, dann werden wir für Ihn brauchbar. Dadurch werden wir Gott verherrlichen.
In der Stellung vor Gott ist keiner heiliger als der andere, hier jedoch in der fortlaufenden Heiligung sind natürlich große Unterschiede möglich.
Wir sind bereits heilig durch unsere Stellung. Wie sind wir heilig geworden? Durch Jesu Tod am Kreuz und durch die Tatsache, daß ich das in Anspruch genommen habe. In dem Moment, in dem wir gläubig geworden sind, sind wir heilig. Gott sieht uns mit dieser Stellung. Wie werden wir eines Tages sein, wenn wir im Himmel sind? Vollkommen heilig! Und wie sollen wir jetzt leben? Auf dem Weg zur Vollkommenheit…
Muß das denn sein? Es könnte doch auch anders gehen, will uns die Sünde weismachen. Auch Paulus spielt mit diesem Gedanken und beleuchtet in Römer 6,1 ff das Thema der sogenannten „billigen Gnade“. Lesen wir dazu aus Römer 6.1+2 nach der Übertragung „Hoffnung für alle“:
„Was bedeutet das nun für uns? Sollen wir etwa weitersündigen, damit Gott Gelegenheit hat, uns Seine Barmherzigkeit und Liebe zu beweisen? Natürlich nicht!“
Paulus fragt hier: Dürfen wir weiter sündigen – wir leben ja bereits unter der Gnade…! Eine ganz deutliche Antwort: Welch gräßlicher Gedanke, das sei ferne! Gnade ist das unverdiente Geschenk Gottes in Seinem Sohn und alle damit verbundenen Segnungen, wenn wir dieses Geschenk annehmen! Das heißt, wenn wir Jesus Christus annehmen, haben wir Gottes Gnade erlebt und alle Segnungen, die damit verbunden sind. Diese Gnade hat uns auch frei vom Gesetz gemacht. Dürfen wir deshalb sündigen, weil wir ja jetzt in dieser Gnade leben und nicht mehr unter dem Gesetz. Nein!!
Ist es nicht der größte Unsinn, wenn man sagt, ich habe mein Heil, ich bin heilig, ich bin gerecht und freigesprochen, ich bin erlöst, ich bin versöhnt, ich bin wiedergeboren, ich bin ein Kind Gottes… und jetzt wende ich mich von Gott ab und mache, was ich will. Ich lebe wieder genauso wie ich vorher gelebt habe. Ist das nicht die größte Unsinn, den es gibt? Das geht doch gar nicht, das ist doch nicht logisch…! Ich soll dementsprechend leben. Ich bin etwas und bin unterwegs, etwas zu werden, und es soll mein tiefstes Verlangen sein, dementsprechend zu leben, und das bedeutet, ich gebe mein Leben nicht der Sünde hin. Wenn ich das tue, dann bin ich ein Sklave der Sünde und ich lebe wie ein ungläubiger Mensch… Da gibt es ein Beispiel, welches mir sehr geholfen hat. Ein Bauer, es könnte ein Bauer hier in Bayern gewesen sein, pflügt sein Feld, er pflanzt den Samen, er düngt und kultiviert es, aber immer in dem Bewußtsein, daß er von Kräften abhängig ist, die er nicht beeinflussen kann. Er tut seine Arbeit fleißig, aber er weiß, daß er weder das Keimen der Saat verursachen noch die Sonne und den Regen garantieren kann. Für eine fruchtbare Ernte ist er von Gott abhängig. Aber der Bauer weiß auch, daß, wenn er seine Verantwortung zu kultivieren, zu düngen und zu pflügen nicht erfüllt, er dann am Ende der Saison keine Ernte erwarten kann. In einem gewissen Sinn hat er eine Partnerschaft mit Gott. Und wird den Nutzen nur dann haben, wenn er seine eigene Verantwortung erfüllt. Erfolgreiche Landwirtschaft ist ein gemeinsames Unternehmen zwischen Gott und dem Bauern. Der Bauer kann nicht das machen, was Gott machen muß und Gott wird nicht das tun, was der Bauer machen soll.
Mit der Heiligung ist es ganz ähnlich. Keiner von uns ist in der Lage, die Heiligung allein zu schaffen, auch wenn wir heilig sind, siehe unsere Stellung, auch wenn wir heilig sein werden, siehe unsere Vollendung im Himmel. Aber wer denkt, ich lehne mich zurück und drehe Däumchen und Gott wird schon irgendwie machen, dann täuschen wir uns oft selbst.. Heiligung ist ein gemeinsames Unternehmen, in dem wir gefragt sind und in dem wir auch das Bewußtsein haben, daß Gott es tun muß.
Paulus macht uns in Römer 6 sehr deutlich, daß es unsere Pflicht ist, in der Heiligung zu leben, sich ihr bewußt hinzugeben. Wenn wir in die Schrift hineinschauen, dann gibt es verschiedene Motivationen für das, was wir tun. Paulus sagt im 1. Korinther 9,27 sinngemäß, er habe Angst, daß er anderen predigt und selbst verwerflich wird, daß er sein Leben vergeudet. Angst ist eine Motivation für das, was wir tun. Haben wir, wenn wir ehrlich sind, Angst davor, in der Sünde zu leben? Oder reizen uns unsere Lieblingssünden immer noch zu sehr? Wir wissen ja, was kommen wird, wenn wir nicht die Vergebung in Anspruch nehmen: Mein Leben wird durch einen geistlichen Verfall gekennzeichnet. Und was passiert dann? Der Heilige Geist wird sich zurückziehen, das heißt, Er kann mir nicht mehr aktiv helfen. Ich werde keinen Segen mehr erfahren. Ich weiß das aus Erfahrung. Wo Sünde ist, da ist kein Segen! Doch mein Vater ist ein liebender Vater und Er wird mich strafen, es kann sogar sein, daß es hart sein wird, siehe Hebr 12,6-7:
„Denn wen der Herr liebhat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.« Es dient zu eurer Erziehung, wenn ihr dulden müßt. Wie mit seinen Kindern geht Gott mit euch um; denn wo ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?“
Wenn ich mein wiedergeborenes Leben unheilig lebe, dann werde ich mich vor dem Preisgericht schämen, ich kann Jesus nicht in die Augen schauen. Der Teufel wird mich vor Gott anklagen, er wird mich immer mehr beherrschen und ich werde immer mehr ein Sklave der Sünde sein. Es wird mir furchtbar schlecht gehen. Habe ich die Angst davor, vielleicht einmal bewußt weg von Gott zu gehen? Das ist immerhin eine Motivation zum Dienst, so wie es uns Paulus hier mitteilt.
Eine zweite Motivation ist unser Lohn. Das neue Testament schreibt immer wieder, daß wir eines Tages belohnt werden. Es gibt einen Lohn, es gibt eine Erbschaft, es gibt eine Teilnahme an der Herrlichkeit, es gibt ein Mitherrschen mit Christus! Ist das eine Motivation zum Dienst? Bei Paulus war es so. Er freute sich auf die Kronen, die er bekommen würde.
Und dann gibt es die Motivation der Liebe. Ich bin so dankbar dafür für das, was Jesus für mich getan hat.. Aus Liebe möchte ich deshalb Ihm von Herzen dienen.
Welche der drei Motivationen ist die Höchste? Ohne Frage, die der Liebe. Die anderen sind auch da, aber die Liebe ist die höchste. Und jetzt die Frage in Bezug auf unser tägliches Leben: Was beherrscht mich? Ich möchte hoffen, daß meine Beziehung zu Jesus mich immer mehr beherrscht. Dies kann nach dem morgendlichen Aufstehen zu folgenden Fragen und Antworten führen: Wie kann ich Dir gefallen? Wie kann ich Dir dienen? Ich möchte diesen Tag mit Dir leben! Bitte, hilf mir dabei!
Es wäre schön, wenn diese Einstellung für mich normal wäre. Doch was hindert mich so oft daran? Unser eigener Wille? So oft versuchen wir es und schaffen es doch nicht… Doch es ist trotzdem möglich, mit dem HERRN zu leben, Freude zu haben, weil Jesus uns bereits bei unserer Wiedergeburt heilig gesprochen hat!
Singen wir jetzt aus Lied 290 die vierte Strophe:
„Bleib mir nah auf dieser Erden, bleib auch, wenn mein Tag sich neigt, wenn es nun will abend werden und die Nacht herniedersteigt. Lege segnend dann die Hände, mir aufs müde, schwache Haupt, sprich: Mein Kind, hier geht’s zu Ende, aber dort lebt, wer hier glaubt!“
Kommen wir jetzt am Schluß zu unserer Eingangsfrage zurück, lesen wir dazu noch einmal einige Verse aus Römer 7,19-25:
Das Gute will ich tun, aber ich tue das Böse. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als Gottes Gesetz zu erfüllen. Dennoch handle ich nach einem anderen Gesetz, das in mir wohnt. Dieser Widerspruch zwischen meiner richtigen Einsicht und meinem falschen Handeln beweist, daß ich ein Gefangener der Sünde bin. Ich stelle also fest: Innerlich stimme ich zwar dem Gesetz Gottes zu, aber in meinen Taten folge ich dem Gesetz der Sünde. Ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich jemals aus dieser Gefangenschaft befreien? Gott sei Dank! Durch unseren Herrn Jesus Christus sind wir bereits befreit.“
Die große Frage lautet also: Redet Paulus hier aus der Sicht eines gläubigen oder eines ungläubigen Menschen? Oder gar aus der Sicht eines gesetzlich lebenden Christen? Folgendes spricht dafür, daß hier der Zustand eines Gläubigen gemeint ist, daß Paulus als Apostel unseres HERRN auch diese Nöte durchlebt.
1. Die vorherigen Verse im letzten Absatz bis Römer 7,13 sind in der Vergangenheit geschrieben, ab Vers 14-25 schreibt Paulus in der Gegenwartsform.
2. Vergleichen wir diese Verse mit Phil 3,6, dort heißt es von Paulus, er sei
„…nach dem Eifer ein Verfolger der Gemeinde, nach der Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, untadelig gewesen.“
Paulus beschreibt hier seine ungläubige Vergangenheit als untadelig, tadellos, aber hier in unseren Versen in Römer 7 hat er die Sündenerkenntnis. Paulus zeigt hier eine ganz demütige Einstellung, die er vorher nicht gehabt hat.
3. Im Römerbrief, Kapitel 6-8 wird die Heiligung dargestellt, deshalb kann uns dieser Zusammenhang zeigen, daß das Kapitel 7 die Sicht eines Gläubigen beschreibt, der in der Heiligung lebt.
4. Nur gläubige Menschen haben ein solch inneres Verlangen nach Selbstprüfung und Heiligung. Es ist sehr beeindruckend, wie Paulus es hier zeigt. Finden wir je bei einem ungläubigen Menschen dieses Verlangen nach Heiligung, wie sie hier beschrieben wird?
5. Der innere Kampf, das Hin- und Hergerissensein eines Christen ist auch an anderen Stellen des Neuen Testamentes bezeugt. Siehe zum Beispiel Gal 5, 1 nach „HfA“:
„Durch Christus sind wir frei geworden, damit wir als Befreite leben. Jetzt kommt es darauf an, daß ihr euch nicht wieder vom Gesetz gefangennehmen laßt!“
Und siehe 1. Joh 2,28 nach „HfA“
„Meine Kinder, laßt euch durch nichts von Christus trennen. Dann werden wir Ihm voll Zuversicht entgegengehen und brauchen Sein Urteil nicht zu fürchten, wenn Er wiederkommt.“
Wenn es so ist, daß Paulus diese Verse aus einer Sicht eines gläubigen Menschen beschreibt, dann darf ich ganz erleichtert sein. Nicht nur ich habe Probleme mit meiner Heiligung, sondern auch andere Christen und selbst auch unser Paulus! Wir brauchen in unserer Heiligung Hilfe. Hilfe, die uns nur Jesus schenken kann, siehe
auch Joh 17,19, Jesus sagt hier von sich selbst in seinem hohepriesterlichem Gebet
„Ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.“
Amen