Segen

Predigt Jürgen
7. August 2005
Segen

(Teilweise wörtlich zitiert nach einer Vorlage von Wilfried Plock, siehe „Toolbox Gemeindebau“, Betanien Verlag)

Jer 13,1 So sprach der HERR: Geh hin und kaufe dir einen leinenen Gürtel
Mt 27,5 Und er ging fort und erhängte sich.
Lk 10,37 Da sprach Jesus: So geh hin und tu desgleichen!

Ja, das sind alles Worte aus der Bibel, die ich vorgelesen habe, drei
Verse aus verschiedenen Zusammenhängen. Bedeuten sie nun für uns, dass wir uns morgen einen Strick kaufen sollen, um diese Verse ganz wörtlich anzuwenden?

Drei weitere Beispiele:
Stell Dir mal vor, Du machst gerade Urlaub in England und Du wohnst bei einer christlichen Familie puritanischer Prägung. Die Puritaner kommen aus einer sehr strengen Heiligungsbewegung in England. Am Sonntag morgen sitzt Du am Frühstückstisch und Du verlierst einen Knopf aus deiner Bluse. Du hebst ihn auf und sagst, das sei kein Problem, den nähe ich nachher wieder dran… Da antwortet der Hausherr, der Gastgeber, ganz entsetzt mit 2. Mo 31,15

2Mo 31,15 Sechs Tage soll man arbeiten, aber am siebenten Tag ist Sabbat, völlige Ruhe, heilig dem HERRN. Wer eine Arbeit tut am Sabbattag, soll des Todes sterben.

Du bekommst am Arbeitsplatz in der Sommerhitze einen Schwächeanfall und musst Dich kurz hinlegen. Da kommt ein gläubiger Arbeitskollege vorbei, der zu einer Pfingstgemeinde gehört und fragt Dich, ob er unter Handauflegung mit Dir um Heilung beten darf. Du bist unsicher, doch er schlägt seine Bibel auf und liest Dir Markus 16,17+18 vor

Mk 16,17 Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: in meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden,
Mk 16,18 Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird’s ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird’s besser mit ihnen werden.

Du fährst über eine Kreuzung, als es plötzlich kracht. Es entsteht erheblicher Sachschaden, Menschen werden aber glücklicherweise nicht verletzt. Dann stellt sich heraus, das der Verursacher des Unfalls ein Mann aus dem Irak ist., aus der Stadt Babylon. Da geht dir das Bibelwort aus Psalm 137,8-9 durch den Kopf

Ps 137,8 Tochter Babel, du Verwüsterin, wohl dem, der dir vergilt, was du uns angetan hast!
Ps 137,9 Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert!

Diese Beispiele zeigen uns, wie wichtig es ist, hinzuschauen, welches Bibelwort wo in der Bibel zu finden ist und für welche Zeit es gegeben ist und für welche Gruppe und für welche Menschen? Wir können nicht einfach jedes Bibelwort wie ein Stein aus einem Steinbruch herausbrechen und damit machen was wir wollen. Wir müssen den Zusammenhang berücksichtigen, fragen, wo dieses Wort steht und zu welchen Personen es gesprochen ist.

Heute soll es ein wenig um das Thema Bibelauslegung gehen. Welche Regeln sollten dabei nicht nur Theologen, sondern auch wir als gläubige Bibelleser beachten? Und da sind wir auch schon bei der Predigtgliederung, es gibt zwei Hauptpunkte:

1. Wichtige Auslegungsregeln für jeden Bibelleser…
2. … am Beispiel des Begriffes „Segen“ angewendet

Singen wir nun aus Lied 360 die erste Strophe:

„Herr, wir bitten, komm und segne uns; lege auf uns Deinen Frieden! Segnend halte Hände über uns! Rühr uns an mit Deiner Kraft! In die Nacht der Welt hast Du uns gestellt, Deine Freude auszubreiten. In der Traurigkeit, mitten in dem Leid, lass uns Deine Boten sein!“

Frage 1: Ist jeder Vers der Bibel Gottes Wort? Ja!, uneingeschränkt, von 1. Mose 1 bis Offenbarung 22. Jeder Vers der Bibel ist Gottes Wort, von Gott eingegeben.

Frage 2: Ist jeder Vers der Bibel für uns heute verbindlich? Nein – das haben die Beispiele eben gezeigt. Jeder Vers der Bibel ist Gottes Wort, aber nicht jeder Vers der Bibel gilt uns als Christen heute.

Frage 3: Wie können wir dann erkennen, welche Aussage der Heiligen Schrift für uns heute verbindlich ist und welche nicht? Nach welchem Maßstab, nach welchen Kriterien können wir heute die Bibel anwenden?

Wir brauchen also Schlüssel zum Verständnis der Bibel. Ich nenne uns jetzt vier solcher Schlüssel, die ein jeder Bibelleser von Beginn an beachten sollte. Es sind die hermeneutischen Schlüssel, die Schlüssel zur Bibelauslegung.

1. Die Heilige Schrift legt sich selber aus.
Diesen Grundsatz hat Dr. Martin Luther entdeckt und selber aufgestellt, ganz zu recht. Das heißt, ich brauche nicht unbedingt theologische Hilfsmittel und Kommentare, um die Bibel zu verstehen. Sie können natürlich sehr hilfreich sein, aber uns auch andererseits sehr weit vom Text auf falsche Fährten führen. Die Heilige Schrift legt sich von selber aus. Wenn ich nur die Bibel habe… da steht alles drin…

2. Jesus Christus ist die Mitte der Heiligen Schrift!
Jesus ist das Zentrum der Heiligen Schrift. Wenn ich die Zirkelspitze woanders einsteche, dann wird alles schief. Das sehen wir bei der Lehre der Zeugen Jehovas, die nicht die Zirkelspitze bei Jesus Christus eingestochen haben, sondern für sie ist die Mitte Jehova und die Lehre, dass man für immer glücklich auf dieser Erde leben kann. Oder auch die 7. Tages Adventisten. Sie stechen letztlich ihren Zirkel beim Sabbat ein. Jesus Christus muss die Mitte der Heiligen Schrift sein – und Er ist es auch! Wilhelm Busch sagt; Die Bibel spricht auf jeder Seite von Jesus! Auch schon im Alten Testament, nicht erst im neuen…

3. In der Heiligen Schrift finden wir eine fortlaufende Offenbarung von 1. Moses bis Offenbarung 22.
Was soll das bedeuten? Fortschreitende Offenbarung heißt beispielsweise, dass Gott die Lehre von der Entrückung der Gemeinde nicht schon im ersten Buch Mose offenbart hat. Wir haben zwar schon einen Hinweis durch die Entrückung des Henoch in 1. Mose 5, 24, aber die ausführliche Lehre von der Entrückung der Gemeinde hat uns erst Paulus in seinen Briefen überliefert.

Ein weiteres Beispiel, ein Wort von Jesus an seine Jünger:

Joh 16,12 Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.

Jesus kann seinen Jüngern noch nicht die Erkenntnis weitergeben, die wir heute haben. Damals ist Jesus noch nicht für unsere Sünden gestorben… Die Jünger könnten es nicht ertragen, wenn Jesus sie schon jetzt beispielsweise lehren würde, in ihm zu leben oder mit ihm in der Taufe symbolisch begraben zu werden.

4. Der rote Faden, der sich durch die Bibel zieht, ist die Heilsgeschichte, die sich in verschiedenen Heilszeiten aufteilt
Die Bibel ist systematisch aufgebaut. Sie beginnt mit der Schöpfung, dann kommt der Sündenfall und es geht weiter, vom alten Testament bis hin zum Neuen Testament in die Offenbarung, hindurch durch verschiedene Heilszeiten.
Singen wir nun aus Lied 360 die zweite Strophe:

„Herr, wir bitten, komm und segne uns; lege auf uns Deinen Frieden! Segnend halte Hände über uns! Rühr uns an mit Deiner Kraft! In die Schuld der Welt hast Du uns gestellt, um vergebend zu ertragen, dass man uns verlacht, uns zu Feinden macht, Dich und Deine Kraft verneint.“

Wie können wir nun mit der Bibel beweisen, dass es Heilszeiten gibt? Da fangen wir nun mal ganz vorne an. Wir können erkennen, dass es mindestens zwei Heilszeiten geben muss. Ja, wir haben ja hier das Alte und das neue Testament in der Bibel, und das ist nicht zufällig so, siehe auch

Joh 1,17 Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.

Ein interessanter Unterschied. Das Gesetz ist gegeben – und die Gnade ist durch Jesus Christus geworden. Jesus Christus ist die Gnade in Person! Hier haben wir schon einmal zwei ganz unterschiedliche Heilszeiten in der Bibel, die Zeit des Gesetzes von Mose an und die Zeit der Gnade, von Jesus Christus an! Das sind zwei ganz verschiedene Paar Stiefel in ein und derselben Bibel!

Nun begann aber das Gesetz nicht mit 1. Mose 1, sonders dieses Gesetz wurde dem Volk Israel ab 2. Mose 19 gegeben. Was ist mit diesem ganzen Abschnitt davor? Da müssen wir mindestens eine dritte Heilszeit haben…Und hört das Zeitalter der Gnade auf und kommt dann noch ein weiteres Zeitalter? In Hebräer 6, 5 wird von einem kommenden Zeitalter gesprochen, und dieses kommende Zeitalter meint das tausendjährige Reich. Das Reich der tausend Jahre, in dem Jesus Christus sichtbar leben und regieren wird auf dieser Erde. Jetzt haben wir schon mindestens vier Zeitalter, von der Bibel her nachgewiesen. Gesetz und Gnade, die beiden großen Hauptzeitalter. Vor dem Gesetz muss es schon etwas gegeben haben, und dann das Zeitalter des tausendjährigen Reiches.

Vor der Gesetzgebung am Berg Sinai können wir drei weitere Heilszeiten entdecken.
Die erste Zeit ist die Zeit der Unschuld. Das ist die Zeit von der Schöpfung Adams bis zum Sündenfall. Die Zeit der Unschuld, bevor Sünde in die Welt kam. Es gibt in der Bibel insgesamt nur vier Kapitel, die weder direkt noch indirekt etwas mit der Sünde zu tun haben, nämlich die ersten beiden Kapitel, 1. Mose 1+2 und die letzten beiden Kapitel, Offenbarung 21 und 22. In den ersten beiden Kapiteln, da gab es noch keine Sünde… In den letzten beiden Kapiteln, da wird es keine Sünde mehr geben.

Jetzt kommt die Zeit des Gewissens. Nach dem Sündenfall bis zur Sintflut redet Gott besonders durch das Gewissen, bis dahin hat Gott noch keine Gesetze und Gebote aufgestellt., die Menschen mussten einfach nach ihrem Gewissen leben.

Von der Sintflut bis zum Turmbau von Babel… gibt es die Zeit unter der menschlichen Verwaltung… Warum wird diese Zeit noch mal unterschieden? Nach der Sintflut führt Gott die Todesstrafe ein und sagt: Wer Menschenblut vergisst, dessen Blut muss durch Menschen vergossen werden… (1. Mo 9,6). Gott setzt Menschen als Richter über Menschen ein, die Blut vergießen.

Jetzt kommen wir, wir wissen es schon, zum Zeitalter des Gesetzes, es ist ein sehr langer Zeitraum, vom Berg Sinai 2. Mose 20 bis hin zur Kreuzigung Christ… Die Zeit des Gesetzes…

Danach kommt die Zeit der Gnade, die Zeit der Gemeinde, spätestens vom Pfingsttag an… und dann, am Ende, die Zeit des tausendjährigen Reiches auf dieser Erde.

Wir haben gesehen, dass Gott im Laufe der Geschichte viele Zeitalter eingeplant hat… und innerhalb dieser verschiedenen Heilszeiten hat sich Gottes Handlungsweise verändert. Gottes Wesen verändert sich dagegen nie. Gott ist und bleibt immer derselbe., siehe

Hebr 13,8 Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

Gott ist im alten Testament der liebende und der heilige Gott, Gott ist auch im neuen Testament der liebende und heilige Gott. Aber Sein Handeln hat sich im Laufe der Geschichte verändert. Man kann Gottes Handeln in all diesen Zeitaltern mit einem Familienhaushalt vergleichen. Wenn am Anfang zwei heiraten, dann hat dieses Paar eine bestimmte Verhaltensweise. Kommen ein oder auch mehrere Kinder dazu, dann verändert sich die Verhaltensweise der Eltern. Sie müssen sich auf die Kinder einstellen, es werden neue Regeln eingeführt… Die Verhaltensweise ändert sich, mit jedem Kind… Werden die Kinder älter, ändert sich das Verhalten der Eltern auch erneut. Gehen die Kinder dann einmal aus dem Haus, wird’s wieder anders. Das gleiche Muster finden wir bei Gottes Handeln mit der Menschheit.

Singen wir nun aus Lied 360 die dritte Strophe:

„Herr, wir bitten, komm und segne uns; lege auf uns Deinen Frieden! Segnend halte Hände über uns! Rühr uns an mit Deiner Kraft! In den Streit der Welt hast Du uns gestellt, Deinen Frieden zu verkünden, der nur dort beginnt, wo man wie ein Kind Deinem Wort Vertrauen schenkt!“

Nach so viel Theorie über hermeneutische Grundregeln und Heilszeiten wird es nun ganz praktisch. An einem Begriff will ich uns zeigen, wie sich Gottes Verhaltensweise mit uns Menschen verändert hat in diesen Heilszeitaltern… Ihr erratet es vielleicht schon… es ist der Begriff Segen.

Segen ist ja ein Zentralbegriff in der biblischen Sprache. Das Wort kommt in jedem Gebet vor und in jeder Predigt ungezählte Male. Es fällt uns gar nicht auf, wie oft wir dieses Wort verwenden. Etwa 250 Mal finden wir dieses Wort „Segen“ oder „segnen“ in der Bibel, je nach Übersetzung. Zunächst einmal leitet sich dass Wort „Segen“ vom lateinischen Wort „signare“ ab, mit dem Zeichen [des Kreuzes] versehen. Interessant ist, dass vor allem in der katholischen Kirche der Priester beim Segnen das Zeichen des Kreuzes verwendet. Das Brunnen – Bibellexikon definiert Segen als die Zuwendung Gottes zu Menschen, zu ganzen Völkern und zur Schöpfung. Wenn Menschen Segenswünsche aussprechen, rechnen sie mit dem Handeln Gottes.

Die Bedeutung dieses Begriffes „Segen“ hat sich im Verlauf der Heilsgeschichte verändert. Das können wir jetzt gleich miteinander in unserer Bibel nachvollziehen.

Im alten Testament, in den ersten fünf Zeitaltern, hat Segen viel mit Fruchtbarkeit zu tun gehabt. Wir wollen einmal aufschlagen die Zeitepoche der Unschuld, ganz am Anfang vor dem Sündenfall, da kommt bereits schon das Wort Segen vor, siehe 1. Mose 1, 28

1Mo 1,28 Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan …

Segen im Zusammenhang mit Fruchtbarkeit, hier schon, wo das Wort zum ersten Mal in der Bibel vorkommt.. Dann kommen wir zu 1. Mose 9, 1, wir springen jetzt in die Zeit der Obrigkeit, in die Zeit, als Gott durch Menschen verwaltet hat, das ist nach der Sintflut…

1Mo 9,1 Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde.

Segen und Fruchtbarkeit gehören auch hier zusammen. Dann gehen wir in das nächste Zeitalter, das mit Abraham beginnt, zu 1. Mose 12, 1-3

1Mo 12,1 Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.
1Mo 12,2 Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.
1Mo 12,3 Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.

Es kommt mir jetzt auf Vers 2 an

1Mo 12,2 Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.

Segen wieder im Zusammenhang mit Fruchtbarkeit…“Ich will Dich zu einer großen Nation machen… Jetzt kommen wir zur wichtigsten Stelle des Segensbegriffes im Alten Testament, siehe 5. Mose 7. Hier wird uns sehr schön zusammengefasst, was im Alten Testament Gottes Segen bedeutet.

5Mo 7,12 Und wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der HERR, dein Gott, auch halten den Bund und die Barmherzigkeit, wie er deinen Vätern geschworen hat,
5Mo 7,13 und wird dich lieben und segnen und mehren, und er wird segnen die Frucht deines Leibes und den Ertrag deines Ackers, dein Getreide, Wein und Öl, und das Jungvieh deiner Kühe und deiner Schafe in dem Lande, das er dir geben wird, wie er deinen Vätern geschworen hat.
5Mo 7,14 Gesegnet wirst du sein vor allen Völkern. Es wird niemand unter dir unfruchtbar sein, auch nicht eins deiner Tiere.

Merkt ihr, wie hier ganz stark die Fruchtbarkeit betont wird? Segen heißt zu erst einmal Fruchtbarkeit, und zwar bei Mann und Frau und Vieh. Fruchtbarkeit ist im alten Testament ganz wichtig. Das zweite Kennzeichen alttestamentlichen Segens heißt Gesundheit, siehe den nächsten Vers 15

5Mo 7,15 Der HERR wird von dir nehmen alle Krankheit und wird dir keine von all den bösen Seuchen der Ägypter auflegen, die du kennst, sondern wird sie allen deinen Hassern auflegen.

Stellt euch einmal vor, wenn das heute noch so wäre… Der Herr wird jede Krankheit von Dir abwenden. Da wäre unser Gerhard Gail arbeitslos von heute auf morgen.

Alttestamentlicher Segen bedeutet für Israel auch keine Krankheiten…, wenn das Volk gehorsam geblieben wäre. Und noch etwas, ein drittes Kennzeichen alttestamentlichen Segens sehen wir hier: Sieg über Feinde, siehe

5Mo 7,16 Du wirst alle Völker vertilgen, die der HERR, dein Gott, dir geben wird. Du sollst sie nicht schonen und ihren Göttern nicht dienen; denn das würde dir zum Fallstrick werden.

Drei Kennzeichen alttestamentlichen Segens gibt es also, wir fassen zusammen: 1. Fruchtbarkeit, das bedeutet viel Land, viel Vieh und viele Kinder 2. Gesundheit und 3. Sieg über die Feinde – das ist alttestamentlicher Segen.

So, jetzt können wir uns schon einmal die Frage stellen: Ist das der gleiche Segensbegriff, den wir als Gemeinde Jesu heute haben? Schön wäre es ja, aber das ist nicht so, das können wir jetzt schon erahnen. Im alten Testament ist der Segen Gottes sichtbar, auf eine kurze Formel gebracht: Fruchtbarkeit, Gesundheit und Sieg über die Feinde.

Ist nun deshalb die Familie Gail wesentlich mehr gesegnet als ich, weil sie insgesamt fünf Kinder haben – und ich immer noch ein kinderloser Single bin? Ist der Ecki mit seiner Familie wesentlich mehr gesegnet als ich, weil er ein wunderschönes Haus hat und viel fruchtbares Land dazu, währenddessen ich in einer kleinen Mietwohnung leben muss? Sind wir heute als gesunde Christen viel mehr gesegnet als vielleicht Christen in unserer Gemeinde, die möglicherweise chronisch krank sind? Eine Antwort zu diesen Fragen
finden wir, wenn wir uns nun den Wandel des alttestamentlichen Segensbegriffes anschauen.

Singen wir vorher aus Lied 360 die vierte Strophe:

„Herr, wir bitten, komm und segne uns; lege auf uns Deinen Frieden! Segnend halte Hände über uns! Rühr uns an mit Deiner Kraft! In das Leid der Welt hast Du uns gestellt Deine Liebe zu bezeugen. Lass uns Gutes tun und nicht eher ruhn, bis wir Dich im Lichte sehn.“

Bereits im Buche Hiob gibt es eine Andeutung, dass es nicht immer so bleiben wird mit diesem Segen. Schaut: Hiob ist zunächst nach alttestamentlichem Verständnis ganz reich gesegnet. Er hat viel Land, viel Vieh und viele Kinder. Hiob ist gesund und hat keine Feinde. Hiob ist also voll gesegnet in diesem Sinn. Eines Tages kommen die berühmten Hiobsbotschaften und Hiob verliert auf einen Schlag all diesen Segen. Er verliert Land, Vieh und Kinder. Hiob wird krank und sitzt voller Geschwüre in seiner Asche… Und Hiob bekommt Feinde… Sogar seine eigene Frau wendet sich von ihm ab. Seine Freunde, diese leidigen Hiobströster, setzen ihm mehr zu als sie ihm helfen können. Hiob erfährt, wie sich alles umdreht: Vorher reich gesegnet, dann diesen ganzen Segen verloren. Aber in diesem schweren Verlust, in diesen Kämpfen findet Hiob etwas, das ihn reicher macht als alles, was er vorher gehabt hat. Er ruft aus, mitten in seinem Leiden, siehe:

Hi 19,25 Aber ich weiß, daß mein Erlöser lebt…

Hier findet Hiob einen anderen Segen, einen Segen, der hier bereits im neutestamentlichen Sinne aufleuchtet, nämlich in der Gestalt von Jesus Christus.

Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt… das ist ihm wichtiger als alles andere, was ich verloren habe. Mitten in seiner größten Depression leuchtet hier auf einmal Jesus Christus auf.

Später, am Ende des Hiobbuches, erfahren wir ja, das Gott dem Hiob alles zurückerstattet. Hiobs Frau bekommt wieder zehn Kinder, Hiob wird wieder reich und die Feinde sind nicht mehr da. Hiobs früherer Segen wird also völlig wieder hergestellt. Bei Hiob deutet sich also eine neue Bedeutung des Segensbegriffes an. Eine weitere Andeutung der Wandlung dieses Segensbegriffes finden wir im Psalm 73. Asaph, der Beter dieses Psalmes, hat rasende Schmerzen. Wahrscheinlich Nierenkoliken… Wer das schon mal gehabt hat, der weiß was da abläuft… Nach alttestamentlichen Verständnis ist also dieser Psalmbeter ungesegnet., er ist krank, er hat es an den Nieren

Ps 73,21 Als es mir wehe tat im Herzen und mich stach in meinen Nieren

Und dann betet Asaph

Ps 73,23 Dennoch a bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,
Ps 73,24 du leitest mich nach deinem Rat und a nimmst mich am Ende mit Ehren an.
Ps 73,25 Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.
Ps 73,26 Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

Merkt ihr: Asaph findet wie Hiob einen Halt und einen Trost in seiner schweren Krankheit, einen so großen Trost, dass er sagen kann „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde.“ Das ist letztlich wieder neutestamentlicher Segen, das ist Jesus Christus! Wenn wir Ihn gefunden haben, dann ist das viel mehr als Fruchtbarkeit, Gesundheit und Sieg über die Feinde!

Singen wir nun aus Lied 360 die fünfte Strophe:

„Herr, wir bitten, komm und segne uns; lege auf uns Deinen Frieden! Segnend halte Hände über uns! Rühr uns an mit Deiner Kraft! Nach der Not der Welt, die uns heute quält, wirst Du Deine Erde gründen, wo Gerechtigkeit und nicht mehr das Leid Deine Jünger prägen wird. Herr, wir bitten, komm und segne uns; lege auf uns Deinen Frieden! Segnend halte Hände über uns! Rühr uns an mit Deiner Kraft!“

Die Hauptwende des biblischen Segensbegriffes geschieht am Kreuz von Golgatha. Als unser HERR Jesus angenagelt zwischen Himmel und Erde hängt, da ist Er nach alttestamentlichem Verständnis völlig ungesegnet. Warum? Er besitzt weder Land, noch Vieh noch Kinder. Also: Keine Fruchtbarkeit. Jesus ist krank, vom Scheitel bis zur Sohle ist nichts mehr gesundes an Ihm, siehe auch

Jes 53,3 Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, daß man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet.
Jes 53,4 Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre.

Und unter dem Kreuz stehen seine Feinde und verhöhnen Ihn. Das alles ist genau das, was nach alttestamentlichem Verständnis kein Segen, sondern das Gegenteil, ein Fluch ist, nämlich keine Fruchtbarkeit, keine Gesundheit, aber dafür viele Feinde! Nicht Segen, sondern Fluch finden wir hier bei Jesus am Kreuz. Jesus ist der Verfluchte am Kreuz, und Jesus trägt eine Dornenkrone, ein Zeichen des Fluches… Die Dornen treten zum ersten Male auf nach dem Sündenfall.

1Mo 3,18 Dornen und Disteln soll dein Acker dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen.

Dornen, als Zeichen des Fluches. Und hier finden wir Jesus als den Dornengekrönten. Jesus, der für uns zum Fluch gemacht wird für uns am Kreuz, siehe

Gal 3,13 Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er zum Fluch wurde für uns; denn es steht geschrieben (5. Mose 21,23): »Verflucht ist jeder, der am Holz hängt«,

Jesus wird zum Fluch, Er wird zum Fluch in Person! Aber nun kommt das Großartige: Indem Jesus für uns verflucht am Kreuz hängt, vollbringt Er die Erlösung für alle Menschen, die an Ihn glauben werden.

Verflucht ist jeder, der am Holz hängt… So sehen es die Juden…, wenn sie ihr altes Testament richtig verstehen. Doch von Gott her ist Jesus ganz reich gesegnet, denn Er bringt durch sein stellvertetendes Erlösungswerk am Kreuz den allergrößten Segen über die Menschheit! Hier wendet sich der Segensbegriff. Hier wird der Verfluchte zum größten Segensträger für diese Welt! Nun ist es nur noch ein letzter Schritt in dieser Kette. Nach Jesu Tod und Auferstehung beginnt Pfingsten eine neue Heilszeit., die Zeit der Gnade oder die Zeit der Gemeinde. Hier beginnt auch ein ganz neues Segensverständnis. Fruchtbarkeit, Gesundheit und Sieg über die Feinde sind für uns nicht mehr Inbegriffe des Segens. Ein ganz neues Segensverständnis haben wir jetzt als neutestamentliche Christen. Wir sprechen von geistlichem Segen in Christus. Dazu müssen wir noch eine letzte Stelle aufschlagen, nämlich Epheeser 1,3. Paulus schreibt hier aus der Gefangenschaft in Rom, also äußerlich aus einer ganz elenden Situation heraus, aber Paulus schreibt voller Freude an die Epheser

Eph 1,3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.

Jesus hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung. Im alten Testament hatten wir materielle Segnungen, sichtbare Segnungen – und jetzt hat uns Gott gesegnet mit allen geistlichen, also unsichtbaren Segnungen in der Himmelswelt durch Jesus Christus! Im folgenden entfaltet der Apostel Paulus diesen geistlichen Segen und seine Bedeutung für uns, nämlich die Erwählung vor Grundlegung der Welt, die Erlösung durch Sein Blut vor knapp zweitausend Jahren und auch die Versiegelung mit dem Heiligen Geist. Das ist der geistliche Segen im Neuen Testament. Als Paulus im Gefängnis sitzt und das schreibt, ist er nach alttestamentlichem Verständnis völlig ungesegnet. Paulus besitzt weder Land, noch Vieh noch Kinder. .. Paulus ist nicht mehr der Gesündeste, er hat mindestens ein Augenleiden, wie er es im Galaterbrief andeutet, darüber hinaus gibt es seinen berühmten Pfahl im Fleisch… und Paulus sitzt im Gefangenschaft. Er hat ziemlich viele Feinde um des Evangeliums willen. Paulus ist also wieder ganz ungesegnet, im alttestamentlichen Sinne…, aber neutestamentlich ist Paulus ganz reich gesegnet, er ist voller Freude und Frieden, also voller geistlichem Segen, sonst hätte er nicht seine wunderbaren Briefe schreiben können!

Singen wir nun aus Lied 212 die erste Strophe:

„Seliges Wissen, Jesus ist mein! Köstlichen Frieden bringt es mir ein. Leben von oben, ewiges Heil, völlige Sühnung ward mir zuteil. Laßt mich`s erzählen, Jesus zur Ehr, wo ist ein Heiland, größer als Er? Wer kann so segnen, wer so erfreun? Keiner als Jesus! Preis Ihm allein!“

So wollen wir hier noch eine ganz wichtige Schlussfolgerung ziehen. Wir haben gesehen: Der Segensbegriff hat sich geändert im Laufe der Heilsgeschichte. Wir dürfen nicht mehr dieses alttestamentliche Segensverständnis so einfach in unsere Zeit hinein übertragen. Das machen nämlich heute noch viele Prediger. Beispielsweise wird in der sogenannten Pfingst- und charismatischen Bewegung heutzutage der alttestamentliche Segensbegriff angewendet für unser heutiges Christenleben. Du bist Christ, dann brauchst Du nicht mehr krank sein, Es finden Heilungsgottesdienste statt, Hände werden aufgelegt…, doch was wird dann, wenn der so „gesegnete“ nicht gesund wird? Ist er dann ein schlechter Christ? Du bist Christ, dann brauchst Du keine Feinde mehr zu haben und Du wirst erfolgreich sein im Beruf und Familie und so weiter… Du wirst viel Fruchtbarkeit haben im Sinne von Erfolg. Aber: Am äußeren Wohlergehen kann ich heute nicht mehr absehen ob jemand Christ ist oder nicht.! Wenn wir das alttestamentliche Segensverständnis einfach so übertragen würden, dann sind eben nur die gesunden und begüterten Menschen reich gesegnet, und alle diejenigen, denen es nicht so gut geht, die sind nicht gesegnet oder gar verflucht. Dann wären einige von uns ganz schön arm dran! Aber so können und wollen wir es nicht machen. Am äußeren Wohlergehen kann ich heute nicht mehr ablesen, ob heute jemand unter Gottes Segen lebt. Da kann nämlich jemand reich und gesund und erfolgreich sein, aber er lebt unter Gottes Fluch. Sein bisschen irdisches Glück steht auf tönernen Füßen! Und wenn er stirbt, geht er auf ewig in die Hölle, weil dieser Mensch sein ganzes Leben lang nicht an Christus geglaubt hat!

Aber es kann auch Gläubige geben, in deren Leben äußerlich viel danebengegangen ist, aber sie bleiben innerlich reich gesegnet in Christus, im geistlichen Segen! Da kann ein lieber Bruder von uns krank sein… und er wird angesprochen… Christsein lohne sich ja gar nicht, denn Du bist krank, du leidest unter großen Schmerzen. Warum hilft Dir Dein Gott denn nicht? Warum macht Er dich nicht gesund? Was bringt Dir Dein Glauben?

Kann einer wirklich so kommen? Nein, er hat ein falsches Verständnis vom Segen. Christ sein ist keine Gesundheitsreligion und keine Wohlstandsreligion. Christ sein hat etwas damit zu tun, dass ich mit Gott im reinen lebe, dass ich in mir innen drin einen Frieden habe, der durch alles durchträgt, gerade auch durch Krankheit und Leiden, gerade auch in vielen asiatischen und afrikanischen Ländern auch durch Armut und Verfolgung … Christen sind dagegen reich gesegnet mit allem geistlichen Segen in Jesus Christus. Selbst wenn es mir als Christ äußerlich ganz schlecht geht, dann bin ich doch gesegnet mit allem geistlichen Segen in Jesus Christus, weil Sein Frieden in meinem Herzen regiert.

Vergleichen wir doch unseren neutestamentlichen Segen einmal ganz einfach mit Kuchen und Sahne. Wenn uns der HERR zusätzlich zu unserem Glauben Gesundheit, Reichtum und Wohlergehen schenkt, dann ist das wunderbar, dann ist das die Sahne auf dem Kuchen… Aber es geht auch ohne Sahne…, vielleicht so gar auch viel besser? Die Hauptsache ist der Kuchen, sprich…Das felsenfeste Fundament: Christus hat mich mit ewiger Liebe geliebt, Er hat mich ohne Vorleistung angenommen und Er wird mich nie mehr loslassen! Das ist der Kuchen! Das ist das Entscheidende! Damit können wir die Krisensituationen unseres Lebens überstehen, mit diesem Wissen können wir auch beruhigt in einen Operationssaal geschoben werden… Mit diesem Wissen können wir auch getröstet auf eine Beerdigung gehen… Wenn ich das weiß: Ich bin mit ewiger Liebe geliebt – dann ist das der Kuchen. Das ist das Entscheidende: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!

Zum Schluss möchte ich uns ganz bewusst mit dem aaronitischen Segenswunsch segnen aus dem 4. Buch Mose, ein Highlight aus dem alten Testament. Hier stehen nicht wider Erwarten Fruchtbarkeit, Gesundheit und Sieg über die Feinde im Vordergrund, nein, der HERR Jesus leuchtet auch hier schon durch diese Zeilen des alten Testamentes!

4Mo 6,24 Der HERR segne dich und behüte dich;
4Mo 6,25 der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
4Mo 6,26 der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Amen!

Singen wir zum Schluss aus Lied 212 die zweite und die dritte Strophe:

„Ihm will ich leben – o welche Freud`. Herrliche Gaben Jesus mir beut: Göttliche Leitung, Schutz in Gefahr, Sieg über Sünde reicht Er mir dar! Laßt mich`s erzählen, Jesus zur Ehr, wo ist ein Heiland, größer als Er? Wer kann so segnen, wer so erfreun? Keiner als Jesus! Preis Ihm allein!“

Völlig Sein eigen! Nichts such ich mehr; Jesus, Er stillet all meine Begehr. Treu will ich dienen Ihm immerdar, bis ich gelang zur oberen Schar. Laßt mich`s erzählen, Jesus zur Ehr, wo ist ein Heiland, größer als Er? Wer kann so segnen, wer so erfreun? Keiner als Jesus! Preis Ihm allein!“