Liebst Du mich?

Predigt Jürgen 11. August 2002
Johannes 21, 15 – 19

Liebst Du mich? 

Am Montag vergangener Woche habe ich mich recht unmotiviert hingesetzt, um eine Predigt vorzubereiten. Bereits am Dienstag habe ich diesen ersten Versuch beiseite gelegt… Es bringt nicht viel, irgend etwas zu formulieren, wenn das Herz nicht dabei ist. Ecki sagte uns in diesem Zusammenhang einmal, als predigende Brüder sollten wir nur über ein Thema sprechen, welches uns selbst sehr berührt und uns nachgeht. Da habe ich mich selbst gefragt: Mit welchen geistlichen Dingen habe ich mich in den letzten Wochen besonders beschäftigt?

Zunächst entdeckte ich nichts in meinem Sommerloch. Die tägliche Stille Zeit hat mir zwar immer wieder Kraft und Freude geschenkt, doch mein Leben hat sich dabei nicht besonders verändert. Ich dachte an meine letzte Predigt zurück, mit dem Thema: „Ihr sollt heilig sein…“, erinnerte mich dabei an den Konflikt zwischen Gottes Anspruch und der Wirklichkeit in meinem Leben. Ich habe viel über Heiligung nachgedacht und praktisch immer wieder erlebt, wie der Teufel unsere Nachfolge angreift und behindert. Und dann besann ich mich wieder auf meine zweite Predigt, die ich am 21. August 1994 gehalten habe, also vor etwa acht Jahren. Das damalige Thema ist jederzeit, also auch heute, aktuell. Es geht dabei um eine entscheidende Frage, die Jesus dem Apostel Johannes stellt: „Liebst Du mich?“

Diese Frage, ob ich nämlich Jesus lieb habe, stelle ich mir offensichtlich selber viel zu selten. Denn wenn ich mir täglich diese Frage stellen würde und sie dabei ehrlich bejahen würde, dann sähe mein Leben wahrscheinlich ganz anders aus, nämlich viel hingegebener und motivierter. Ich würde dann nicht mehr so viele sinnlosen Dinge tun, würde die Zeit mehr auskaufen, anstatt zum Beispiel stundenlang fernzusehen oder im Internet herum zu surfen. Ich hätte dann viel mehr Freude bei der Vorbereitung von Bibelstunden und Predigten, anstatt mich geistlich durchhängen zu lassen, wie es zur Zeit der Fall ist.

Gerade im letzten Jahr habe ich viel Freude und Segen erlebt, nachdem ich mich einem guten geistlichen Dauerstreß ausgesetzt habe und tagtäglich eine Andacht zu aktuellen Themen schrieb. Im letzten Jahr hatte ich nicht mehr Zeit, und die Tage waren genauso kurz wie auch heute, doch der HERR stand an allererster Stelle, geistliches Wachstum blieb meine allererste Priorität… Für dieses Jahr habe ich mir keinen geistlichen Vorsatz gewählt, dafür habe ich mir vorgenommen, körperlich fit zu werden und radikal abzunehmen. Diesem Ziel bin ich ein gutes Stück nähergekommen, und das ist sicherlich auch gut so. Doch dafür geht es mir jetzt so wie auch manchmal dem Paulus, siehe Römer 7,19-25:

Das Gute will ich tun, aber ich tue das Böse. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als Gottes Gesetz zu erfüllen. Dennoch handle ich nach einem anderen Gesetz, das in mir wohnt. Dieser Widerspruch zwischen meiner richtigen Einsicht und meinem falschen Handeln beweist, daß ich ein Gefangener der Sünde bin. Ich stelle also fest: Innerlich stimme ich zwar dem Gesetz Gottes zu, aber in meinen Taten folge ich dem Gesetz der Sünde. Ich unglückseliger Mensch! Wer wird mich jemals aus dieser Gefangenschaft befreien? Gott sei Dank! Durch unseren Herrn Jesus Christus sind wir bereits befreit.“

Im letzten Jahr gab es bei mir diesen innerlichen Konflikt zwischen richtiger Einsicht und falschem Handel viel seltener. Doch gerade in den letzten Monaten merke ich, daß ich viel zu oft noch ein Gefangener der Sünde bin… Ich wünsche mir so sehr auch weiterhin viel Freude, Kraft und Motivation in meinem Leben mit dem HERRN. Vielleicht sollte ich mir deshalb viel öfters die Frage stellen, ob ich Jesus wirklich lieb habe.

Lesen wir nun aus Johannes 21, 15 – 19 die heutigen Predigtverse. Der darauffolgende Text aus dem Jahr 1994 ist überarbeitet. Ich will ihn mir selber und auch uns wieder in Erinnerung rufen. Vielleicht kann der HERR mir und auch uns hier weiterhelfen. Vielleicht möchte der HERR mir und auch Euch dadurch einen besonderen Segen schenken?

15 Als sie nun gefrühstückt hatten, spricht Jesus zu Simon
Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?
Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Weide meine Lämmer!

16 Wiederum spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er
spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Hüte meine Schafe!

17 Er spricht zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, daß er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb? und sprach zu ihm: Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich lieb habe. Jesus spricht zu ihm: Weide meine Schafe!

18 Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst.

19 Dies aber sagte er, um anzudeuten, mit welchem Tod er Gott verherrlichen sollte. Und als er dies gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!“

Singen wir nun nach diesen einleitenden Gedanken die erste Strophe aus Lied 361:

„Zünde an Dein Feuer, HERR, im Herzen mir, hell mög es brennen, lieber Heiland Dir! Was ich bin und habe, soll Dein Eigen sein. In Deine Hände schließe fest mich ein! Quelle des Lebens und der Freude Quell, Du machst das Dunkel meiner Seele hell, Du hörst mein Beten, hilfst aus aller Not, Jesus, mein Heiland, mein HERR und Gott.“

Jesus ist auferstanden, Jesus lebt, Jesus trifft seine zutiefst
niedergeschlagenen und betrübten Jünger wieder und fragt dabei den Simon Petrus:

Liebst Du mich?

Eine sehr direkte Frage, die Jesus stellt, eine Frage, die keinen Zweifel duldet! Es gibt hier nur ein ja oder ein nein, es gibt nur eine klare Entscheidung! Eine persönliche, tiefe Liebe ist hier gefragt, eine innige Liebe… und keine oberflächliche Liebe, die wir vielleicht zu unserem Teddybär oder auch zu unserem Auto haben!

Nachdem Petrus drei Jahre in der persönlichen Jüngerschaftsschulung des Herrn gewesen ist, mit ihm alle Höhen und Tiefen durchgemacht hat, muß er sich nun abschließend, kurz vor der Himmelfahrt Jesu, diese Frage gefallen lassen! Liebst Du mich?

Petrus hat alles verlassen, alles, was er besaß, um Jesus nachzufolgen. Und dennoch diese Frage: Liebst Du mich? Petrus, zum Menschenfischer berufen, ist ein Mann der Tat, er predigt das Evangelium, er tut im Namen Jesus Wunder, selbst Dämonen gehorchen ihm, auf ihm liegt die Verheißung, daß durch ihn die Gemeinde gebaut wird, und dennoch diese Frage: Liebst Du mich? Petrus, der in der Nacht auf den Karfreitag seinen Herrn dreimal verleugnet hat, muß sich diese Frage dreimal  gefallen lassen, einer dreimaligen Verleumdung folgt hier
ein dreimaliges klares Bekenntnis auf die Frage: Liebst Du mich?

Jesus fragt Petrus dreimal, dies ist auch eine Frage der 1. und 2. und 3. Priorität in unserem Leben… Selbst wenn wir ein sehr hohes geistliches Amt haben sollten, müssen wir uns diese Frage stellen lassen, dann erst recht vielleicht. Petrus ist ja immerhin auch ein Apostel. Aber auch Judas Iskariot ist einer von den Zwölfen, Judas hat Jesus nicht lieb gehabt, er hat Ihn für dreißig Silberstücke verraten.

Unsere Namen können theoretisch in einer Liste der führenden Missionswerke stehen oder aber auch auf der Gehaltsliste einer Landeskirche oder Gemeinde, und zwar ganz weit oben – aber dennoch nicht im Lebensbuch des Lammes!

Es ist eine traurige Wahrheit, daß Menschen bedeutende Opfer bringen, um sich als Christen zu beweisen, die aber dennoch nicht
das entscheidende Fundament des Glaubens haben, nämlich eine tiefe und innige Liebe zu Jesus! Da sind tausende von Zeugen Jehovas im dritten Reich ganz heldenmütig für ihren Glauben in den Tod gegangen, doch ihr Glaubenszeugnis wird fast ausnahmslos nicht ausreichen und nützlich gewesen sein zu einem ewigen Leben mit Jesus – es ist so tragisch!

Liebst Du mich? Du sagst ja, doch ist es so?? Lesen wir in der Schrift von Herzen, beten wir Jesus von Herzen mit aller Liebe an, oder lesen wir die Bibel nur aus einer traditionellen Haltung heraus, vielleicht, weil es eine so schöne Gewohnheit ist?

Am 13. August 2002, in zwei Tagen also, feiere ich den elften Geburtstag meiner geistlichen Wiedergeburt, meiner Bekehrung, doch auch ich muß mir die Frage immer wieder stellen, wenn ich vielleicht gar ganz bewußt sündige: Liebe ich Jesus?

Je mehr wir Jesus lieben, desto mehr werden wir von der Welt als ketzerisch, mystisch, fundamentalistisch oder auch ganz einfach als nicht mehr ganz dicht angesehen…

Je weniger wir hingegen Jesus lieben, desto normaler werden wir für die Welt, nicht wiedergeborene, nicht gläubige Katholiken sind, zumindest in Bayern, eine der normalsten und selbstverständlichsten Lebewesen, die es auf Erden gibt.

Diese Liebe zu Jesus brauchen wir, auch, um unsere tägliche Arbeit zu schaffen, unsere täglichen Krisen und Anfechtungen zu überwinden. Diese Liebe muß in uns brennen, wenn wir diese Liebe zu Jesus auch treu und gehorsam an unseren Nachbarn weitergeben wollen …

Sind wir nun hier im Gottesdienst, weil uns das Leben in der Gemeinde zur lieben Gewohnheit geworden ist, weil wir hier sehr gute Freunde haben, weil alles so schön abgehoben ist wie auf der berühmten Wolke 7, in unserem christlichen Kuschelnest? Oder sind wir hier, weil wir Jesus von Herzen lieben, täglich lieben, wie viele es in ihren Lebensläufen, in Gesprächen und Zeugnissen erkennen lassen!

Wie können wir unseren Mitmenschen, unseren Kollegen und Nachbarn, von der Liebe Jesus weitererzählen, wenn wir selbst nicht von ihr erfüllt sind?

Diese Liebe zu Jesus hat auch viel mit Selbstdisziplin zu tun, und da geht es ins Eingemachte, diese Disziplin ist eine unserer schwächsten Punkte, hier treten wir in unserer Nachfolge oft ins hausgemachte Fettnäpfchen. Denken wir morgens beim Aufwachen als erstes an Jesus, ist Jesus der letzte Gedanke vor der Nacht, wie es in einem Lied so schön heißt?

Auch wenn unsere Liebe frühmorgens, z. B. um 6 Uhr, oft noch schläfrig ist, sollten wir sie täglich neu erwecken, indem wir, am besten gleich in der Frühe, in die Stille gehen, in der Bibel lesen und auch beten! Und wir sehen, der Herr stärkt uns dabei, schenkt unserer Liebe neue Kraft – weil auch Jesus uns lieb hat, unsere Liebe erwidert, unsere Liebe zu Ihm in der Stille immer wieder neu entfacht! In der morgendlichen Stille merke ich, wie mich diese Liebe aufbaut, in mir wieder brennen kann, für einen langen, womöglich anstrengenden langen Arbeitstag … Das kann ich wirklich immer wieder bezeugen, steht mir dabei oft mein altes unbekehrtes Leben immer wieder einmal vor Augen! Früher war für mich der Montag der schlimmste Arbeitstag in der Woche, nur mit Widerwillen und Magenbeschwerden fand ich den Weg zur Arbeit. Auch der Dienstag war noch schlimm, ab dem Mittwoch freute ich mich wieder auf das kommende Wochenende, erst ab Freitag fand mein Leben wieder einen Sinn, lebte ich doch nur auf das Wochenende hin! Seit meiner Bekehrung lese ich täglich morgens in der Bibel, bete, merke, wie ich dabei Kraft gewinne, wie der ganze Tag an Qualität gewinnt, kann dann schon sehr gut gelaunt frühstücken, egal, ob an einem Montag oder an einem Samstag. Für mich ist nun jeder Tag schön, einige Tage sind vielleicht schöner, aber kein Tag ist schlecht und verloren!

Ihr solltet Euch mal den traurigen Spaß machen, Montag früh gegen vier Uhr aufzustehen, noch etwas schläfrig…, jedoch schon motiviert in der Stille Euch längere Zeit mit dem HERRN unterhalten, dabei Kraft tanken, um dann nun noch ausgeglichener und fröhlicher mit der ersten S – Bahn nach München zu fahren, ganz in dem Bewußtsein, daß Jesus Dich liebt, daß Er für Dich gestorben ist, daß Du Jesus deshalb auch so liebhaben kannst…, tja, um dann in die unendlich traurigen und teilweise verkaterten Montag-Morgen Gesichter der übrigen S – Bahn Passagiere zu schauen. Da prallen Welten aufeinander! Früher habe ich genauso verloren und mißmutig ausgeschaut, wenn ich morgens, Montag morgens, zur Arbeit gefahren bin – doch heute schenkt mir Jesus täglich die Heilsgewißheit und Freude, und so kann ich jeden Tag, auch einen Montag, oft voller Freude mit Jesus in Angriff nehmen!

Singen wir nun die zweite Strophe aus Lied 361:

„Wollest mich bewahren, wenn der Satan droht, Du bist der Retter, HERR, von Sünd und Tod. In der Weltnacht Dunkel leuchte mir als Stern, HERR, bleibe bei mir, sei mir niemals fern! Quelle des Lebens und der Freude Quell, Du machst das Dunkel meiner Seele hell, Du hörst mein Beten, hilfst aus aller Not, Jesus, mein Heiland, mein HERR und Gott.“

Liebst Du mich?

Es kann sei, daß wir uns noch so sehr aufarbeiten, von einer Aktivität in die andere fallen, daß wir wie Petrus immer wieder täglich neue vollgefüllte und schwere Netze an Land ziehen wollen, daß wir aktiv sind um der Aktivität willen – weil – ja weil wir Stillstand und Stille nicht mögen, weil wir uns unwohl fühlen, wenn wir alleine vor Jesus stehen, so ganz ohne Freunde, Nachbarn, Geschwister und Arbeitskollegen.

Oft sind wir ja als Christen so aktiv, vor allem bei WdL, von morgens um sechs bis kurz vor Mitternacht, arbeiten, machen Meetings, Konferenzen, wichtige Besprechungen, dazu kommen Proben, gemeinsame Veranstaltungen, die wir womöglich für ein kurzes Nickerchen nützen, da gibt es Austauschabende, Kinoabende, Mitarbeiterabende, bunte Abende, gerade jetzt, in der Freizeitsaison… eine Aktivität jagt die andere, wir sind ja nur noch für unsere Gäste da, … für Jesus haben wir da keine Zeit mehr, unsere Seele kommt hier nicht zur Ruhe… Auch sonst, in der absoluten Nebensaison, etwa mitten im November, sind wir zu gerne aktiv, muten uns oft zu viel zu. Aktivität als Flucht vor dem Alleinsein, als Alibifunktion, um sich vielleicht die Stille mit dem Herrn zu ersparen? Wir tun ja sonst so viel für Jesus !?!

Eine gesunde Aktivität geht nur, wenn wir Jesus dabei von Herzen lieb haben, aus dieser Liebe heraus auch immer wieder Kraft schöpfen in einer persönlichen stillen Zeit, die nur mich und den Heiland etwas angeht! Lieben wir Jesus? Suchen wir, trotz Aktivität und Hektik, täglich die Stille, um seine Liebe immer wieder neu zu erfahren?

Wir mögen in unserer Arbeit noch so gut und erfolgreich sein, aus eigener Kraft gar vielleicht, aber legen wir doch unsere Arbeit einmal regelmäßig beiseite, werfen keine neuen Netze aus, werden wir still, denken darüber nach: Lieben wir Jesus? Das ist so wichtig!

Gerade in christlichen Kreisen ist blinder Eifer, Übereifer, hektische Aktivität eine große Anfechtung Satans – es sei denn, unser ganzen Tun und Lassen wird von unserer Liebe zu Jesus getragen, die wir täglich erneuern sollten! Sind wir tapfere und unermüdliche Streiter in Jesu Namen, weil wir ihn liebhaben, oder streiten wir täglich aus egoistischen Motiven, weil wir z. B. die Besten und die Größten sein wollen? Von dieser Anfechtung blieben auch einige Jünger Jesu nicht verschont, auch sie wollten die Größten sein, denken wir dabei an Markus 9, 33 – 37, an den Rangstreit der Jünger… Überhaupt, durch unseren Stolz werden wir immer wieder fallen. Paulus mahnt uns, nicht auf eigenen Beinen stehen zu wollen, lesen wir aus 1. Korinther 10,12

„Darum, wer meint, er stehe, mag zusehen, daß er nicht falle“…

Und wir werden fallen, immer wieder, solange sich nicht unser Stolz endgültig in Demut verwandelt hat, solange die eigene Kraft nicht Platz macht für die Kraft Gottes, unser eigenes dickes Ich nicht kleiner geworden ist, um den Heiligen Geist in uns immer mehr Raum zu verschaffen.

Treu bleiben können wir auf unserer geistlichen Pilgerreise nur, wenn wir immer mal wieder kurz anhalten, immer mal wieder auftanken, immer mal wieder unser Messer wetzen (denn das Wort ist schärfer als ein zweischneidiges Schwert, lehrt uns die Schrift), immer mal wieder neue Kraft schöpfen – und das geht nur in der Stille. Lege auch ich die Arbeit abends rechtzeitig zur Seite, um vielleicht noch einmal kurz spazierenzugehen, um das Alleinsein mit dem Herrn zu genießen, um vielleicht noch ein wenig aus einem guten Buch zu lesen (es muß nicht immer die Bibel sein), anstatt beispielsweise viel zu viel Fernseh zu gucken oder im Internet zu surfen?

Lieben wir Jesus? Weichen wir dieser Fragen nicht aus, laßt sie uns jeden Tag stellen. Laßt den HERRN dabei täglich in unser Herz schauen! Stellen wir uns die Frage öfter, wenn die Antwort nicht klar ist. Fragen auch wir uns dreimal hintereinander – bis es auch uns traurig macht wie den Petrus, bis auch wir vielleicht zugeben müssen, daß unsere Liebe vielleicht erkaltet ist, bis wir merken, ich brauche wieder die Liebe zu Jesus.

Ein Kennzeichen solch lauwarmer Liebe kann z. B. sein, wenn wir unkonzentriert auswendig gelernte Standartgebete herunterleiern, wenn wir merken, daß die Bibel für uns oft nur eine Ansammlung toter Buchstaben und hölzener Episteln ist, wenn wir merken, daß das Wort nicht mehr zu uns spricht. Dann haben wir dringend eine Erneuerung nötig, dann müssen wir uns ernsthaft von Jesus fragen lassen: Hast Du mich lieb? Haben wir Jesus lieb? Prüfen wir unseren Glauben, lesen wir dazu einmal aus 2. Korinther 13, 5

„5 Prüft euch, ob ihr im Glauben seid, untersucht euch! Oder erkennt ihr euch selbst nicht, daß Jesus Christus in euch ist? Es sei denn, daß ihr etwa unbewährt seid.“

Sind wir bewährt im Glauben? Glauben wir es, weil wir vielleicht so viel für die Gemeinde, für die Feschwister oder auch für WDL tun?

Singen wir nun aus Lied 361 die dritte Strophe:

„Bald wird uns leuchten Gottes ewges Licht; freue dich Seele, und verzage nicht! Laß die Klagen schweigen, wenn das Lied erschallt fröhlichen Glaubens: Unser HERR kommt bald! Quelle des Lebens und der Freude Quell, Du machst das Dunkel meiner Seele hell, Du hörst mein Beten, hilfst aus aller Not, Jesus, mein Heiland, mein HERR und Gott.“

Liebst Du mich?

Eine Temperaturskala, die uns von – 15 Grad eiskalt bis + 15 warm alle möglichen Heiligungsgrade vom Glaubensabfall bis hin zur brennenden Liebe für Jesus anzeigt, kann für unsere persönliche Einschätzung ein gutes Hilfsmittel, ein Barometer sein. Ein lauwarmer Christ ist weder heiß noch kalt, er steht am Wendepunkt, d. h. bei 0 Grad! Und nun geht es in kleinen Schritten immer mehr bergab, von einer Stufe zur nächsten, dabei merken wir oft gar nicht, daß es in unserem Glaubensleben immer kälter wird:

– 1 Grad: Wir haben keine Zeit mehr zum Bibellesen
– 2 Grad: Nachlässigkeit im Gebet
– 3 Grad: Kleinglaube und Zweifel
– 4 Grad: Fehlende Glaubenszeugnisse, Menschenfurcht
– 5 Grad: Erwachende Weltliebe, Egoismus
– 6 Grad: Heuchelei und Scheinchristentum
– 7 Grad: Ungehorsam und offene zu Tage tretende Sünde
– 8 Grad: Verblendung, Hochmut
– 9 Grad: Abneigung gegen Gottes Wort
-10 Grad: Offener Unglaube
-11 Grad: Selbstvertrauen, nur eigene Kraft zählt
-12 Grad: Sünde regiert uns immer mehr
-13 Grad: Friedlosigkeit, Furcht und Unglück
-14 Grad: Haß gegen Gott, Verzweiflung
-15 Grad: schreckliches Ausharren, Sinnlosigkeit

Bei plus 1 Grad hingegen beginnt unsere persönliche Heiligung,
nach oben hin ist diese Skala eigentlich offen, ganz nach der
Gnade, die uns der Herr schenkt!

+ 1 Grad: Erweckung, Sündenerkenntnis, Heilsverlangen
+ 2 Grad: Umkehr, Sündenbekenntnis
+ 3 Grad: Glaube, Sündenvergebung, Gotteskindschaft
+ 4 Grad: Friede mit Gott, Herzensfriede, neues Leben
+ 5 Grad: Freude im Herrn, Glaubensgemeinschaft
+ 6 Grad: reges Gebetsleben
+ 7 Grad: Gehorsam gegen Gottes Wort, Treue
+ 8 Grad: Bekennermut und Standhaftigkeit
+ 9 Grad: Wandel im Geist und Geistesfrucht
+10 Grad: Brennende Liebe z. Herrn, zu Geschwistern
+11 Grad: Glaubenskampf und Siegesleben
+12 Grad: Unbedingtes Vertrauen, völlige Hingabe
+13 Grad: Näher, mein Gott, zu Dir, Klarheit!
+14 Grad: Freude, Friede, Bewährung, Leben als
Gottesdienst
+15 Grad: Ja Komm, Herr Jesus, Freude auf Wiederkunft

Wo stehen wir? Dürfen wir von uns ganz ehrlich sagen, daß wir auf der Plusskala stehen, auf dem aufsteigenden Ast sind? Dann laßt uns weiter aufsteigen, unseren Heiland immer mehr lieben! Lieben, weil Jesus sich für uns, für mich und Dich, geopfert hat. Ist das denn etwa nichts? Ist es nicht Deiner brennenden Liebe wert? Lieben, weil wir in Jesus Vergebung erlangt haben! Ist das denn etwa nichts? Ist es nicht Deiner brennenden Liebe wert? Lieben, weil wir in Jesus ewiges Leben haben! Ist das denn etwa nichts? Ist es nicht Deiner brennenden Liebe wert?

Liebst Du mich?

Wären wir theoretisch und auch praktisch dazu bereit, für Jesus, z. B. in einer Verfolgung, als Martyrer zu sterben? Eine so schwierige Frage, haben wir Jesus denn so lieb? Vor diese Alternative gestellt, den Glauben verleugnen oder für Jesus zu sterben, können wir uns auch dann noch aus lauter Liebe für Jesus entscheiden? So abwegig ist dieser Gedanke gar nicht. Weltweit, besonders in afrikanischen und asiatischen Ländern, gibt es eine Christenverfolgung. Irgendwann könnte es auch in unserem so friedlichen und katholischem Oberbayern so weit sein. Auch das politische System der ehemaligen Sowjetunion ist innerhalb von 5 Jahren gefallen!

Haben wir Jesus so lieb? Sind wir wahrhafte Bekenner oder nur aufrichtige Heuchler?

Jesus verlangt von uns keinen Todesmut, aber auch kein handwerkliches Geschick, er verlangt von uns weder Buchhaltungskenntnisse, noch gute Kochkenntnisse, auch nicht die Kunst zu predigen usw.! Jesus möchte uns nur in aller Schwachheit haben, er möchte, daß wir einsehen, daß wir ohne
ihn nichts tun können, daß wir uns beugen vor ihm und unseren Stolz brechen lassen.

Erst dann verlangt er von uns das Entscheidende, das einzige, was wir Ihm wiedergeben können. Jesus verlangt von uns mit aller Priorität 1. Liebe und 2. Liebe und 3. Liebe! Dann geht alles wie von selbst. Dann kann Jesus in uns wirken mit all Seiner Kraft, dann können wir geistliche Berge versetzen, sogar auch für Jesus in den Tod gehen, weil Er uns dabei so stärkt! Dann können wir aber auch mit Vollmacht unserer Arbeit nachgehen, zu Hause Geschirr spülen, mit Vollmacht Wäsche waschen, buchhalten und für Jesus einfach da sein und leben.

Dagegen kannst Du nichts für Jesus tun, wenn Du Ihn nicht liebhast!

Wir tun nichts zur Ehre Gottes, nur weil wir hier bei WDL arbeiten oder in unsere Wolfratshauser Gemeinde gehen. Nur die Liebe zum Herrn kann uns Frucht bringen lassen und uns die Zeit hier zum Segen werden lassen. FSJ – Mädchen und Zivis bei WdL erinnern uns immer wieder in ihren Abschiedsworten daran, bevor sie wieder gehen, ganz besonders auf die persönliche Stille Zeit zu achten, wollen wir die Zeit hier nicht geistlich vertrödeln. Erst wenn sie wieder zu Hause sind, nach einem Jahr oder fünfzehn Monaten, merken sie, wie schön doch die tägliche Gemeinschaft war,
die vielen Morgenandachten, der persönliche Austausch. Und wie es hätte noch schöner werden können, wenn nicht die eigene Stille Zeit gar so kurz gekommen wäre. Liebe zum Herrn muß im Herzen sein, muß aus der Stille kommen, sonst kann kein wahrer Dienst geschehen!

Singen wir nun aus Lied 366 die erste Strophe:

„Ich bin entschieden, zu folgen Jesus, ich bin entschieden zu folgen Jesus, ich bin entschieden, zu folgen Jesus. Niemals zurück, niemals zurück!“

Vielleicht stehen uns Leiden bevor, und wir können sie nicht aushalten, weil wir nicht Jesus von Herzen her liebhaben! Jesus verheißt dem Petrus in unserem Predigttext selbst einen Märtyrertod, Petrus soll später umgürtet und geführt werden. Doch nur eine starke und tiefe Liebe hilft, alles zu überwinden! Hätte Jesus diese starke und tiefe Liebe zum Vater als auch zu uns nicht gehabt, Er hätte nicht für uns am Kreuz sterben können. Bevor wir heimgeholt werden, ob im Bett oder durch einen Unfall oder eine Krankheit, oder aber auch durch die Entrückung, stehen uns noch so viele Anfechtungen bevor, es wird ein wahrer Spießrutenlauf sein!

Nur eine tiefe Liebe zu Jesus wird uns helfen, diese Anfechtungen glatt zu überspringen! Als Christen werden wir von unseren ungläubigen Mitmenschen besonders beobachtet, ob wir nicht vielleicht doch straucheln – um sicher zu gehen, brauchen wir diese brennende Liebe, gerade, wenn es in unserem beruflichen und privaten Leben einmal besonders drunter und drüber geht. Wenn es uns an dieser Liebe fehlt, ist unsere Kraft so schnell dahin!

Haben wir vielleicht die erste Liebe zu Jesus verloren? Wir alle haben doch, zumindest einmal, Jesus bereits so unwahrscheinlich lieb gehabt, nämlich bei unserer Bekehrung. Erinnern wir uns daran – und kehren wir doch zu dieser ersten Liebe zurück!

Wenn wir Jesus nicht ganz liebhaben, wird die Sünde in uns immer mal wieder die Oberhand gewinnen… Wir merken es oft nicht, es ist ein Spiel mit dem Feuer, wir fühlen uns doch andererseits so sicher in unserer gläubigen Familie, in unserem Glaubensleben, in unserem Nest voller Wärme! Es ist sicher gut, gläubige Partner und Freunde zu haben zu haben, auf die wir uns in allen Dingen verlassen können, aber unsere allererste Liebe sollte 1. und 2. und 3. nur Jesus gehören. Kein Mensch kann jemals so absolut treu, zuverlässig und barmherzig sein, wie Jesus es auch heute noch ist!

Deshalb, fühlst Du Dich einmal einsam, vielleicht gar deprimiert, suche nicht unbedingt immer zuallererst Deinem Freund oder Deiner Partner auf, sondern denke als erstes auch mal über die Frage nach, die Jesus Dir stellt: Liebst Du mich? Erst dann, wenn Du Antwort auf Deine Probleme gefunden hast, erzähle es z. B. Deinen Geschwistern weiter! Nicht, daß hier Mißverständnisse entstehen, persönliche seelsorgerliche Betreuung ist absolut notwendig, auch ich profitiere davon, es ist so wunderbar, von guten Freunden wieder aufgebaut und aufgerichtet zu werden, aber vergessen wir dabei nicht, daß nur Jesus in 1. und 2. und 3. Instanz unser Seelsorger sein kann, weil Er uns so lieb hat, weil nur Er uns vergeben kann!

Petrus liebt Jesus, dreimal bezeugt er es. Jesus gibt daraufhin Petrus die Aufgabe, seine Schafe zu weiden. Können auch wir dreimal hintereinander von ganzen Herzen zu Jesus sagen, Ja, ich habe Dich lieb? Dann laßt uns auch sein Wort nicht nur hören, sondern auch tun! Wenn wir Jesus lieben, beginnen wir von Herzen für ihn zu arbeiten, und nicht nur, weil uns unser HERR gerade eine Aufgabe gestellt hat, die wir sonst nur ziemlich lieblos erledigen würden.

Wenn wir Jesus von Herzen lieben, dann kann unser ganzes Leben zu einem lebendigen Gottesdienst werden, und nicht nur ein Sonntag
vormittag!

Jesus sieht uns, von allen Seiten umgibt Er uns, und deshalb, und deshalb können wir auch sicher sein, daß wir in all unserem Wirken von Ihm belohnt werden, auch wenn unsere Geschwister, Kollegen, Nachbarn und Freunde oder auch unsere Ehefrau unseren Fleiß gerade nicht bemerken.

Wenn wir Jesus liebhaben, so laßt uns ruhig auch seine Schafe weiden! Laßt uns, mit Liebe erfüllt, auf sie zugehen. Mission fängt vor unserer eigenen Haustür an, und da sehen wir nur dürres und durstiges und brachliegendes Land, auch wenn der äußere Schein noch so trügt, auch wenn die Berge hier in Oberbayern noch so leuchten und die Wiesen noch so grün sind. Hier können auch wir mal in einer Hirtenfunktion gefordert werden…

Mir persönlich fällt es oft so schwer, auf andere zuzugehen, theoretisch ist dagegen alles so einfach! Auch wenn es schwer fällt, versuchen wir, uns diesen Herausforderungen zu stellen… der Herr wird uns verheißungsgemäß nicht zuviel zumuten! Nur einige von uns sind z. B. begabte und bevollmächtigte Prediger, Seelsorger und Hirten. Laßt uns alle dennoch ein stilles, aber ein echtes und wirkungsvolles Zeugnis für den Herrn sein!

Laßt uns alles aus Liebe zu Jesus tun, in guten wie in nicht so guten Tagen, ob es uns nun sehr leicht fällt oder ob wir mit selbstdisziplinarischen Maßnahmen nachhelfen müssen. Was wird Es uns später einmal nützen, wenn wir auf ein ganzes Leben unter Seiner Gnade zurückschauen werden und dabei entdecken, daß vieles ohne die Liebe Jesus in unserem Leben passiert ist… Wenn wir dann einsehen werden, daß wir nur wenig Frucht und Segen für Jesus gebracht haben, daß wir vielleicht gar ohne die Liebe Jesus ausgekommen sind! Dann wäre auch unser Leben eine sehr
trockene und dürre Zeit gewesen…

Es wäre so schön, wenn wir Jesus ehrlich mit ganzem Herzen antworten können: Ja, Herr, wir haben Dich so lieb! Und Jesus wird uns dann die ganze Kraft schenken, die wir hier für Seine Aufgaben brauchen, der Herr wird uns segnen, uns selbst weiden und uns dabei immer wieder so reich beschenken!
Amen!