Predigt Jürgen 14. September 2003
2. Tim 1,13
Festhalten am Wort Gottes
2Tim 1,13 Halte dich an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus.
Vor vielen Jahren, als ich noch kein Christ war, war ein grünlich angehauchter, alternativer Lebensstil meine Welt. Diese Szene zog mich an. Vieles blieb unverbindlich, Verlobungen oder gar Hochzeiten waren out. Ich bin ein Kind dieser Single – Generation. Bei einem Klassentreffen im Juni dieses Jahres stellte sich heraus, dass etwa die Hälfte meiner ehemaligen Mitschüler und Mitschülerinnen entweder noch nicht verheiratet ist oder bereits auch schon wieder geschieden. Ein Witz aus vergangenen Tagen begann mit der Frage: „Was bedeutet Dir eine Verlobung?“ Die spontane und richtige Antwort lautete dazu: „Festhalten und weitersuchen!“
Wir haben am letzten Sonntag viel zum Thema ´festhalten` gehört. Michael hat über 2. Timotheus 1,13 gepredigt, da heißt es: „Halte dich an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus.“ Wenn es uns gut geht, haben wir im allgemeinen keine Probleme, sich am heilsamen Wort Gottes zu erfreuen, mir geht es jedenfalls so. Michael erklärte uns den Textzusammenhang und zeigte uns, dass es weder dem Paulus noch dem Timotheus besonders gut gegangen sein muss in dieser damaligen Situation. Doch sich gerade in Schwierigkeiten am Vorbild des gesunden Wortes festzuhalten ist nicht sehr einfach, ich habe es jetzt selber gemerkt. Noch vor einigen Monaten habe ich immer gedacht, gerade in Notsituationen muss es besonders einfach sein, sich an Gottes Wort festzuhalten, es bleibt einem dann ja auch gar nichts anderes übrig. Sollte ich jetzt Michaels Predigt in einem Satz zusammenfassen, würde ich vielleicht sagen: Festhalten am heilsamen Wort Gottes, das sollte zu unserem Lebensstil werden!
Festhalten – und weitersuchen? Das kann uns als gestandene Christen doch nicht mehr passieren. Wir haben doch unserem HERRN wie in einer Verlobung unser verbindliches und ewiges Jawort gegeben! Doch wie oft gehen wir Kompromisse ein und beugen das Wort Gottes immer mehr in unsere Richtung, anstatt sich vor Ihm zu verbeugen. Ein Beispiel dazu mag vielleicht das Thema Alkohol sein. Wir lesen in seinem heilsamen Wort, dass auch in den urchristlichen Gemeinden zu den Mahlzeiten Wein getrunken wird. Doch dieser Wein ist mit vielen Teilen Wasser gemixt und hat einen Alkoholgehalt von höchstens 2 %. Man müsste dieses Getränk schon literweise trinken, um sich daran zu berauschen. Bei vielen europäischen Christen gehört Wein und Bier zum guten Ton. Ein normales Bier hat 4,5 % Alkoholgehalt, unser Tischwein etwa 10 %., also bei weitem mehr, als auch unter Urchristen üblich. Die Bibel warnt uns vor einem hemmungslosen Genuss dieser Getränke, siehe z.B. Eph 5,18: „Und berauschet euch nicht mit Wein, in welchem Ausschweifung ist, sondern werdet mit dem Geiste erfüllt“. Siehe auch Jes 5,11: „Wehe denen, die des Morgens früh sich aufmachen, um starkem Getränk nachzulaufen, bis spät am Abend bleiben, der Wein erhitzt sie!“ Oder auch Röm 13,13: „Lasst uns anständig wandeln wie am Tage; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Neid.“ Wo liegt hier für uns die heilsame Grenze? Sehr gerne halten wir uns als Christen an Seinem Wort fest, doch legen wir es nur allzu gern zu unserem sinnlichen Gunsten aus. Ein weiteres Beispiel, diesmal ganz aktuell, aus einer der letzten Bibelstunden. Als bibeltreue Gemeinde möchten wir uns doch so gerne an Seinem heilsamen Wort festhalten. Doch bei 1. Korinther 11, da scheiden sich die Geister. Bei wörtlicher Auslegung erkennen wir hier, dass Paulus für die Frauen eine Kopfbedeckung fordert, währenddessen ein Mann keine Kopfbedeckung tragen darf… Also dürfte ich auch keinen Sturzhelm beim Rollerfahren tragen…
Festhalten oder weitersuchen…, das kann oft sehr schwierig sein. Es gibt ja auch noch viele andere Auslegungsmöglichkeiten….
Bis zum 9. August dieses Jahres war für mich die Welt noch in Ordnung. Die Arbeit machte Spaß, ich genoss das herrlich heiße Badewetter, hatte viel Freude in der täglichen Stillen Zeit und freute mich schon auf eine mehrtägige Radtour. Nachdem meine Mutter nach fünf Urlaubswochen bei mir wieder nach Hause gefahren ist und mich in dieser Zeit schon recht beanspruchte, habe ich mir ja ein paar sonnige Tage auf dem Rad mit abendlichen Biergartenbesuchen regelrecht verdient, so dachte ich es mir, so ganz nach meinem Motto: Festhalten und weitersuchen. Doch der HERR machte einen Strich durch meine Rechnung. Ein harmlos aussehender Unfall beim Badengehen entpuppte sich nach drei Tagen für mich als mittelgroße Katastrophe. Statt einer Salbe gegen eine mögliche Zerrung bekam ich gleich einen Gipsverband rund um das rechte Fußgelenk! Ein Mittelfußknochen ist gebrochen! Und das gerade jetzt, in der heißesten Zeit des Jahres. Vorbei war das badengehen, ganz gemein kam mir das vor, wo ich doch nur 30 m von einem Badestrand entfernt wohne. Die Radtour konnte ich vergessen, die Biergärten sowieso. Auch auf ein weiteres Sommer – Freizeitvergnügen musste ich verzichten, nämlich darauf, die Sonne auf meinen gut eingecremten Pelz scheinen zu lassen und dabei gute Bücher zu lesen. Ich hätte in meinem Gips viel zu sehr geschwitzt, und das wäre auf Dauer ekelhaft geworden! Andererseits ist ein schattiger Aufenthalt in meiner bis zu 30 Grad aufgeheizten Dachgeschosswohnung auch kein wahres Vergnügen Den wunderschönen heißen Badesommer konnte ich also jetzt vergessen, mir blieb in meiner Freizeit nur eine schattige Stelle auf einer Wiese hinter dem Haus, mit Seeblick, doch das war für mich absolut kein Trost. Was bleibt mir da noch übrig? Natürlich, ist doch klar, festhalten an Seinem heilsamen Wort, weitersuchen nach anderen reizvollen Freizeitangeboten geht jetzt ja eh nicht. Heute möchte ich uns zeugnishaft davon berichten, wie schwer es sein kann, sich an Seinem Wort festzuhalten, wenn es einem persönlich nicht ganz so gut geht. Es geht dabei um die Frage, wie wir uns am besten verhalten können, wenn wir leiden müssen. Ich hoffe, ich stelle mich dabei selbst nicht zu sehr in den Mittelpunkt. Dem HERRN gehört all die Ehre. Nach diesen einleitenden Worten folgt wieder eine Übersicht über unsere heutige Predigt.
Hauptteil
1. Schau nicht auf Dich selbst, sondern auf den HERRN
2. Schau nicht auf andere und vergleiche Dich nicht mit ihnen
3. Gib Deine Sorgen ab
Schlussgedanke: Verheißungsvolle Trostworte…
Singen wir aus Lied 368 die ersten beiden Strophen:
„Komm zum Kreuz mit Deinen Lasten, geh auf Jesus zu. Bei dem Kreuze kannst Du rasten, da ist Ruh! Unter des Gerichtes Ruten sieh am Kreuzesstamm für Dich dulden und verbluten Gottes Lamm!“
Eigentlich geht es mir ja nicht wirklich schlecht. Ich lag in keinem Krankenhaus, und eine Operation stand mir auch nicht bevor. Es gibt hunderte von Millionen Menschen, denen es schlechter geht als mir, sogar auch in dieser Gemeinde. Außerdem habe ich meine guten und schönen Tage in diesem Jahr schon mehr als reichlich gehabt. Ich denke an meine Urlaube zurück, an die herrlichen Bergwanderungen, an die vielen Radtouren, an meine Motorrollerfahrt quer durch Deutschland, an die vielen Besuche dabei… Ich habe mein Leben genossen, und ich denke, der HERR war täglich dabei, auch wenn ich nicht immer in Seinem Sinne gehandelt habe. Mir ging es gut, zu gut. So macht ein Singledasein Spaß, wenn alles bestens und reibungslos verläuft. Doch wie wird es als Single sein, wenn man alt und krank ist? Eigentlich kann ich also so richtig dankbar und zufrieden sein. Doch ich bin undankbar und unzufrieden, denn ich schaue viel zu sehr auf mich und auf meine missliche Situation. Wie kann ich mir da bloß helfen? Natürlich, es hilft nur eines, auf Sein Kreuz zu schauen, sich an Seinem heilsamen Wort festzuhalten. Also, versuchen wir es.
Aus einem gewissen Sarkasmus heraus fällt mir anfangs vor allem ein Wort aus Hebr. 12,6 ein: „Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt.“ Von unserem Apostel Paulus stammen, dazu irgendwie gar nicht passend, die folgenden berühmten Worte aus Phil. 4,4-7: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“
„Freuet Euch allezeit.“ Ich versuche, mich an diesem heilsamen Wort festzuhalten, doch irgendwie gelingt mir das nicht richtig. In der Seelsorge kann man mit solchen Bibelworten auch Menschen erschlagen. Ich denke immer wieder über Sein Wort nach, halte mich daran fest. Außerdem kann ich eh nicht viel mehr tun. Ohne Mutter bin ich darüber hinaus ja auch wieder alleine, in dieser Situation hätte ich jetzt fast ´einsam` gesagt. Und dann dieses: „Freuet Euch allezeit!“ Auch Paulus konnte sich nicht allezeit freuen… Auch er hat in schwachen Momenten auf sich geschaut und nicht auf Jesus. Dabei hat Paulus den berühmten Pfahl in seinem Fleisch entdeckt und sich sodann beim HERRN bitterlich darüber beklagt, lesen wir dazu 1. Kor. 12,7-8: „Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche.“ Der HERR antwortet dem Paulus ganz wunderbar, der HERR erinnert den Paulus an Seine Gnade und Paulus nimmt sie dankbar an. Jetzt schaut Paulus nicht mehr auf sich selbst, sondern wieder auf den HERRN! Lesen wir die Worte aus 2. Kor 12,9-10: „Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne. Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten, um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark!“
Über diese Gnade habe ich eine ganz treffende Kurzandacht von C. Eichborn gefunden:
„Meine Gnade ist für dich genug!“ – Eine dringende Bitte, die Paulus an den Herrn Jesus gerichtet hatte um Befreiung von einem schmerzhaften und lästigen Leiden, war ihm abgeschlagen worden. „Meine Gnade reicht hin“, auch wenn viele Wünsche nicht in Erfüllung gehen. Sie reicht hin, auch wenn so manche Lieblingshoffnung scheitert. Sie gibt einen vollen Ersatz. Denn die Gnade schenkt dir Anteil an Gottes Vaterherz und den Zugang zu seinem Gnadenthron. Die Gnade macht dich teilhaftig des künftigen herrlichen Erbes. Die Gnade macht so reich, dass du alle Verluste verschmerzen kannst. Sie macht nicht nur getrost in der Gewissheit der Vergebung aller Sünden, sie macht auch stark, dass du die Sünde überwinden kannst, wie Paulus zu Timotheus sagt: „Sei stark, mein Sohn, durch die Gnade unseres Herrn Jesu!“ Die Gnade ist ein Meer, in dem sich ein Gotteskind bewegen darf wie der Fisch in seinem Element. Die Gnade durchflutet sein ganzes Leben. Nach allen Seiten und Beziehungen kommt die Gnade zu Hilfe. Die Gnade lässt uns im Leiden geduldig sein, dass wir uns darein fügen, wenn wir der gewohnten und geliebten Tätigkeit entsagen müssen. Die Gnade hilft uns, auch den Tod zu überwinden. Wenn die Stunde kommt, dass wir von hinnen scheiden sollen, werden wir nicht weggerissen wider unseren Willen, sondern scheiden getrost und gern, um ganz bei Christus zu sein. O, wie selig macht doch die Gnade unseres Herrn! – In wenigen Worten sagt der Herr ungemein viel. Die Gnade macht unaussprechlich reich; denn wer die Gnade besitzt, der hat Jesus. Die Gnade bekommt man nicht getrennt von Jesus, sondern nur in seiner Person. Wenn ich weiß: Jesus ist mein, dann brauche ich sonst nichts mehr. Nichts und niemand ist unersetzlich außer ihm, und er kann uns alles ersetzen, für alles entschädigen, was uns abgeht. Die Gnade reicht um so mehr hin, als gerade in der Schwachheit ihre Kraft sich so recht entfaltet. Wo noch eigene Kraft ist, da kommt sie noch nicht ganz zur Geltung. In völliger Ohnmacht darf man erst ganz erfahren, dass man einen starken Heiland hat. Die Helden der Gnade brechen alle Tage zusammen vor ihrem Herrn. Sie liegen vor ihm auf den Knien und brechen darum nicht zusammen unter der Last und den Leiden des irdischen Lebens. Die Gnade ist ihre Kraftquelle.“
Das sind wirklich wahre und bewegende Worte, doch nicht immer rutschen sie sofort ins Herz. Anstatt mich an dieser Gnade ganz und gar festzuhalten, habe ich in den ersten Tagen meiner Krankheit lieber weitergesucht im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten. Für den entgangenen Biergartenspaß besorgte ich mir noch rechtzeitig eine Kiste Bier und habe mich sodann abends als kleines Trostpflästerchen und auch als Schlafmittel an einer Maß Bier festgehalten. Festhalten und weitersuchen…, siehe oben! Nach den ersten vier Abenden verzichtete ich dann wieder freiwillig auf meinen Schlaftrunk. Ich erinnerte mich an meinen guten Vorsatz, mir nur noch in guten und schönen und sportlichen Tagen ein Gläschen zu genehmigen, und dafür in nicht so schönen Tagen ganz auf Alkohol zu verzichten. Der Frust ist sonst hinterher nur noch größer! Ich begann dafür, mich umso mehr ernsthaft an Seinem Wort festzuhalten. Dazu gibt es jetzt reichlich Gelegenheit. Vor zwei Jahren habe ich angefangen, ein Andachtsbuch zu schreiben. Nach über einem Jahr schöpferischer Pause, der HERR würde dazu viel eher Faulheit sagen, nun der Wink mit dem Zaunpfahl, mit meinem Pfahl im Fleisch. Diese Arbeit ist jetzt wieder dran…, und eben nicht baden gehen, radeln, Sport treiben und Urlaub machen. Ich beschäftige mich wieder ganz intensiv mit Seinem Wort, halte mich daran fest und bin hochmotiviert, dieses Andachtsbuch zu Seiner Ehre zu vollenden. Ich schaue jetzt wieder viel weniger auf mich, sondern viel mehr auf den HERRN! Es geht mir besser.
Singen wir aus Lied 203 die erste Strophe:
„Ich brauch Dich allezeit, Du gnadenreicher HERR. Dein Name ist mein Hort, Dein Blut mein Freudenmeer! Ich brauch Dich, o ich brauch Dich, Jesus, ja, ich brauch Dich! Ich muss Dich immer haben: HERR segne mich!
Wenn ich in diesen Tagen nicht so viel auf mich selbst geschaut hätte, dann wäre es mir wahrscheinlich schon am ersten Tag meines Knochenbruches viel besser gegangen. Also, merken wir uns den Punkt eins gut: Schau in Deinem Leiden nicht auf Dich selbst, sondern möglichst auf den HERRN Jesus! Doch es gibt auch noch eine dritte Blickrichtung. Ich habe auch hier den Fehler gemacht, viel zu sehr dahin zu schauen, nämlich auf meine Nächsten, denen es natürlich viel besser geht als mir selber. Ich machte den 2. Kardinalfehler, den wir tun können, wenn wir leiden müssen und fing an, mich mit anderen Menschen zu vergleichen. Wenn es mir selber gut geht, dann schneide ich bei solchen Vergleichen ja zumeist auch gut ab… Aber in meiner jetzigen Situation führen solche Vergleiche eher zu einer Niederlage.
Da fahren Kollegen, Geschwister und Freunde bei herrlichem Sommerwetter entweder in die Berge oder zum Baden oder machen ganz einfach mit dem Rad die Gegend unsicher. Jetzt, in meinem aufgewärmten Gipsverband, vergleiche ich mich mit ihnen… Das geht natürlich nicht gut. Ich versuche mich, an Seinem Wort festzuhalten, mir fällt zum Beispiel 1Kor 12,26: ein: „Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.“ In meiner kleinen Not beziehe ich diesen Vers natürlich voll auf mich selber und frage mich dann daher, wo denn die Geschwister sind…, statt baden zu gehen, könnten sie ja auch mit mir mitleiden…! Dabei fallen mir natürlich meine alten Sünden ein. Ich war natürlich auch nur ungern dabei, wenn andere Geschwister gelitten haben. Ich habe bisher nur ganz selten jemand im Krankenhaus besucht.
Ich vergleiche mich mit anderen, zum Beispiel auch mit einem Ehepaar, welches gerade auf Hochzeitsreise ist… Ach, wie schlecht es mir dagegen geht! Ich vergleiche mich mit anderen und werde dabei egoistisch… Auch mir muss es besser gehen. Und besser ginge es mir bereits, wenn es nicht mehr so heiß wäre…Ich vergleiche mich mit anderen, denen es besser geht und wünsche mir dabei so richtig schlechtes und kühles Wetter! Wenn ich schon mal nicht baden gehen kann oder radeln oder wandern, dann sollen es die anderen auch nicht…, Außerdem schwitze ich bei kühlem Wetter nicht so sehr im Gips… Ich vergleiche mich mit anderen… und gönne dabei meinen Nächsten ihr Vergnügen nicht, das ich selbst nicht haben kann. Unser WDL – Sommermotto lautet: „Mittendrin – statt nur dabei!“ Und genauso komme ich mir eben nicht vor, nämlich „Mittendrin – und nicht dabei!“ Es ist so, als würde ich direkt am Eingang des Paradiesgartens stehen, würde all das Vergnügen und die Freude dort drinnen sehen, doch ich hätte keine Chance, selbst hineinzukommen. Ich komme mir in meiner Not fast wie der reiche Mann vor, der in der Hölle leiden muss und dabei auf Lazarus im Himmel blickt… (siehe Lukas 16,23-25). Soweit kann es kommen, wenn ich mich mit anderen vergleiche, denen es angeblich besser geht…! Ich merke, es bringt mir absolut nichts, mich mit diesen Menschen zu vergleichen…!
Singen wir nun die zweite Strophe aus Lied 203:
„Ich brauch Dich allezeit. HERR Jesus, steh mir bei, dass ich bis in den Tod Dir bleibe stets getreu. Ich brauch Dich, o ich brauch Dich, Jesus, ja, ich brauch Dich! Ich muss Dich immer haben: HERR segne mich!“
Doch ich kann mich ja immerhin noch mit den Menschen vergleichen, denen es erkennbar schlechter geht! Das ist doch die Möglichkeit! Das baut mich doch bestimmt auf! Also, ich denke an unseren blinden Christian…, wie schrecklich wäre es für mich doch, blind zu sein… Viel, viel schlimmer als ein gebrochener Fuß, der nach einiger Zeit wieder heilen wird… Immerhin, ich fange an, für Christian zu beten… Ich denke da an Eckis Predigt, an die Gurus in Indien. Ecki erzählte uns, dass solch ein religiöser Fanatiker es bisher geschafft hat, die letzten 12 Jahre stehend zu verbringen, ohne zu sitzen und zu liegen, auf der Suche nach dem Glück… Ich vergleiche mich mit ihm und schneide dabei sehr gut ab… Ich denke an den berühmten Wissenschaftler und Astronomen Hubbardt, der fast komplett gelähmt ist, fast gar nichts machen kann, aber immerhin über einen hochintelligenten, äußerst beweglichen Geist verfügt… Am Wort Gottes wird er sich bestimmt nicht festhalten, er glaube nicht an Gott, so sagt er. Woher nimmt er bloß seine Lebenskraft? Lebt er für die wissenschaftlichen Bücher, die er schreibt? Mit ihm möchte ich keinesfalls tauschen…Und schließlich denke ich an Hannelore Kohl, an die Frau unseres ehemaligen Bundeskanzlers. Sie litt an einer der schrecklichsten Krankheiten, die ich mir vorstellen kann, nämlich an einer Lichtallergie… Ihr Leben fand schließlich nur noch in der Dämmerung und in der Finsternis statt, völlig verzweifelt beging sie Selbstmord… Hätte ich an ihrer Stelle genauso gehandelt, auch als Christ, wo ich doch Sonnenschein und Licht so gerne mag? Ich merke, solche Vergleiche mit Menschen, denen es erkennbar schlechter geht, bauen mich nicht wirklich auf! Sie gaukeln mir vor, wie gut es mir geht und wie gut ich deshalb bin – doch das ist nur eine Fata Morgana! Immerhin machen mich diese Vergleiche sehr dankbar dafür, dass ich mir nur einen kleinen Fußknochen gebrochen habe. Ich danke also Jesus immer wieder dafür und komme mir dabei doch ein klein wenig wie ein Pharisäer vor, siehe Lk 18,11: „Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.“
Der Vergleich hinkt ein wenig. Doch wie kann ich mich nur richtig festhalten? Natürlich, am Wort Gottes, aber bitte ohne weiterzusuchen und mich dabei mit anderen Menschen zu vergleichen!
Der Apostel Petrus hat auch solche Nöte gehabt, indem er auf sich selbst und auch auf seine Mitapostel geschaut hat. Lesen wir dazu Joh 21,18 – 22: „
Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hin wolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hin willst. Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach! Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, den Jesus lieb hatte, der auch beim Abendessen an seiner Brust gelegen und gesagt hatte: Herr, wer ist’s, der dich verrät? Als Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, was wird aber mit diesem? Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach!“
Petrus ist ein wenig frustriert. Dreimal hat ihn unser HERR Jesus zuvor gefragt: „Liebst Du mich“ So, meint Petrus, als ob Jesus ihm nicht glauben würde, wenn er dabei mit „Ja“ antwortet. Und nun prophezeit ihm unser HERR hier auch noch eine äußerst schmerzhafte Todesart, eine Kreuzigung offensichtlich! Warum muss denn ausgerechnet das ihm passieren, fragt sich Petrus, fast schon ein wenig verzweifelt, und blickt dabei auf Johannes, dem es doch augenscheinlich viel besser geht! Johannes… Das ist doch der Lieblingsjünger von Jesus, der doch beim Abendessen immer an seiner Brust liegt! Warum geht es ihm so viel besser als mir? Ich habe doch auch schon so viel für meinen HERRN getan! Und dann kommt, als Krönung, auch noch eine recht unfreundlich scheinende und heftige Antwort von unserem HERRN Jesus, nämlich: „Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach!“
Jesu ist dabei, den vergleichenden Blickwickel des Petrus wieder zurecht zu rücken: ´Petrus, vergleiche Dich bitte nicht mit Johannes. Du kannst nicht mit Johannes tauschen. Geh Deinen Weg, indem Du mir nachfolgst!`
Jesus hat recht. Ich halte mich am heilsamen Vorbild Seines Wortes fest und muss erkennen: Aus dieser Lektion kann auch ich etwas lernen. Es bringt mir absolut nichts, wenn ich mich mit anderen Menschen vergleiche und ihnen in Gedanken nachfolge, anstatt Jesus nachzufolgen. Es zieht mich entweder zu hoch hinaus, wenn ich mich mit Menschen vergleiche, denen es offensichtlich schlechter geht. Ich fühle mich ganz unberechtigt viel besser als all die anderen und werde dann womöglich auch noch stolz und hochmütig, weil ich bei solch einem Vergleich scheinbar besser abschneide. Andererseits zieht mich solch ein Vergleich immer mehr nach unten, wenn ich mich mit Menschen vergleiche, denen es augenscheinlich viel besser geht!
Also was bleibt mir dann noch, wenn ich schon nicht auf mich selbst blicken soll oder auch auf all die anderen? Natürlich: Ich soll mich nur an Seinem Wort festhalten, ich soll auf Jesus blicken und Ihm nachfolgen anstatt weiterzusuchen. Menschen können mir längst nicht immer helfen, unser Herr bezeichnet sich sogar auch als ein Arzt, siehe 2. Mose 15,26… Spätestens dann kann mir kein Mensch mehr helfen, wenn ich eines Tages sterben muss…, wenn ich eines Tages die Schwelle übertreten darf, die mich aus womöglich dunklen Todesnöten hinein in Sein herrliches Himmelreich führt. Es geht mir wieder besser. Also, halte Dich an Seinem Wort fest, suche nicht weiter, vergleiche Dich nicht, blicke auf Jesus, folge Ihm nach!
Singen wir nun die dritte Strophe von Lied 203:
„Ich brauch Dich allezeit. In Freude und im Leid. Du bist mein Sonn und Schild jetzt und in Ewigkeit. Ich brauch Dich, o ich brauch Dich, Jesus, ja, ich brauch Dich! Ich muss Dich immer haben: HERR segne mich!“
Darin liegt also wirklich die Lösung, sich an Seinem Wort festzuhalten, das gilt vor allen Dingen auch dann, wenn wir leiden müssen. Ich erinnere noch einmal an unseren Predigtvers aus 2Tim 1,13: „Halte dich an das Vorbild der heilsamen Worte, die du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus.“ Ein sehr heilsames Wort ist für mich schon immer 1. Petrus 5,7 gewesen: „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ Wenn wir nun diese herrliche Verheißung aus 1. Petrus 5,7 regelmäßig anwenden, dann begreifen wir immer mehr, dass Sorgen unnötig sind… Es bestehen keinerlei Notwendigkeiten, Lasten zu tragen, wenn Gott bereit und in der Lage ist, sie für uns zu übernehmen. Sich sorgen ist vergeblich, denn das hat noch kein einziges Problem gelöst. Sorge ist Sünde. Ein Prediger hat einmal gesagt: »Sorge ist Sünde, weil sie die Weisheit Gottes leugnet, denn sie behauptet, dass Gott nicht wüsste, was er tut. Sie leugnet auch die Allmacht Gottes, denn sie behauptet, dass er nicht in der Lage ist, mich von dem zu befreien, das die Sorge verursacht.« In diesem Zusammenhang möchte ich gerne noch einmal an den Sorgen – Übergabevertrag erinnern, den ich hier vor kurzem in dieser Gemeinde ausgeteilt habe.
In der heißen Augusttagen, als ich meinen Gipsverband noch trug, ist mir der Psalm 70 ganz wichtig geworden. Es ist ein richtiger Sorgen – Abgebe – Psalm. Aus großer Not schreit der König David hier um Hilfe. Sicherlich ging es ihm in seiner Situation um so vieles schlechter als mir selbst. Umringt von Feinden, war Davids Leben bedroht. Doch in diesen Worten habe auch ich Trost gefunden, ich las sie immer wieder, hier Psalm 70 aus der „HfA“: „Herr, hilf mir! Ein Lied Davids, beim Gedächtnisopfer zu singen. Herr, ich bitte dich: Rette mich, komm mir schnell zu Hilfe! Wer mir nach dem Leben trachtet, der soll scheitern und öffentlich bloßgestellt werden. Wer sich über mein Unglück hämisch freut, den jage mit Schimpf und Schande davon! Alle, die schadenfroh lästern: «Haha, das geschieht dir recht!», sollen kleinlaut davonschleichen wegen ihrer selbstverschuldeten Schande! Aber alle, die sich dir anvertrauen, werden vor Freude jubeln! Wer dich als Retter kennt und liebt, wird immer wieder rufen: «Groß ist der Herr!» Ich bin hilflos und ganz auf dich angewiesen, Herr; sorge für mich, denn du bist mein Helfer und Befreier! Komm rasch zu mir! Mein Gott, zögere nicht länger!“
An diesen heilsamen Worten habe ich mich regelrecht festgehalten und dabei immer wieder meine Nöte abgegeben. Faszinierend ist hier, wie David hier Mut und Zuversicht gewinnt, nachdem er seine Ängste herausgeschrieen hat. Ich merke: Je mehr ich mich an Jesus und an Seinem Wort festhalte, desto mehr Lebensfreude bekomme ich von Ihm geschenkt. Dies gilt sicherlich auch den Menschen, denen es umso vieles schlechter geht als mir… Auch Hannelore Kohl, so sagt es die Schrift an vielen Stellen, hätte gewiss Trost und Halt bei Jesus gefunden, wenn sie sich ganz treu an Ihm festgehalten hätte… Allerdings hätte ich mit ihr niemals tauschen wollen… Nach wie vor gilt gerade dann, wenn es Dir schlecht geht: Schau in Deinem Leiden nicht auf Dich selbst, vergleiche Dich dabei nicht mit Deinen Nächsten, sondern blicke vor allem auf den HERRN, halte Dich an Seinem Wort fest und übergib Ihm dabei all Deine Sorgen und Nöte!
Singen wir nun aus Lied 78 die erste Strophe:
„Auf dem Lamm ruht meine Seele, betet voll Bewunderung an. Alle, alle meine Sünden hat Sein Blut hinweggetan.“
Der HERR hat mir in den ersten beiden schwierigen und heißen Wochen einiges klar gemacht, viele Punkte habe ich schon erwähnt. Darüber hinaus weiß ich jetzt, wie wertvoll eine lebendige Gemeinschaft mit anderen Christen auch für mich sein kann. Vor meinem Unfall war mir ein Sonntagsgottesdienst oder auch eine Bibelstunde nicht ganz so wichtig. Ein Wochenendausflug hätte mich auch glücklich gemacht. Doch in den letzten Wochen, da habe ich mich regelrecht auf unsere Gemeindestunden gefreut. Ich bin in vielen Dingen ein klein wenig demütiger geworden und war über viele Dinge sehr erfreut, die vorher nur noch selbstverständlich waren. So habe ich mich über Anrufe von Geschwistern gefreut, die mir vorher vielleicht eher lästig gewesen wären…. Ich war dankbar, dass Geschwister für mich eingekauft haben…
Ein großer Trost ist für mich gewesen, dass der HERR diesen Unfall zugelassen hat. Auch daran habe ich mich festgehalten. Wenn es dem HERRN egal wäre, ob ich gesund oder krank bin, ob ich leide oder auch glücklich bin, dann wäre es zum Verzweifeln. Es wäre gleichbedeutend damit, dass Gott sich nicht um mich kümmern will. Dann wäre Jesus nicht mein persönlicher Gott und Heiland. Dann hätte ich diese Predigt nicht halten können, dann sollte ich das Predigen ganz lassen. Aber Jesus hat diesen kleinen Unfall zugelassen, auch, um in mir zu arbeiten, auch um mir wieder einmal zu zeigen, wie sehr ich auf Ihn angewiesen bin. Jesus hat diesen kleinen Unfall zugelassen, das ist ein gewaltiger Trost für mich!
Und noch ein letzter Schlussgedanke: Vor unserem himmlischen Hochzeitsmahl des Lammes haben wir uns als Gemeinde hier auf Erden sozusagen mit Jesus verlobt. Wir wissen jetzt bereits besser, was solch eine Beziehung nur bedeuten kann: Festhalten, nicht weitersuchen! Nur so können wir auch in diesem oft beschwerlichem Leben zufrieden und auch glücklich werden. Zufrieden sein im Leiden ist die Kunst, sich in die Gnade Gottes fallen zu lassen, was anderes bleibt einem letztlich auch gar nicht übrig, ich habe es wieder einmal bemerkt. Eine noch größere Kunst ist es jedoch, sich in Seine Gnade fallen zu lassen, wenn es einem besser geht, wenn man gesund ist, wenn die eigene Kraft wieder mit einem durchgehen möchte.
Halten wir doch auch im alltäglichen Leben immer mehr an Seinem Wort fest, suchen wir nicht weiter. Zum Schluss habe ich für uns noch einige verheißungsvolle Trostworte herausgesucht. Trostworte aus Seinem Wort zum Festhalten, die mir bereits sehr oft geholfen haben:
2Kor 4,17 Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit.
Jes 43,1 Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
2Tim 1,7 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit
Mt 11,28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
Mt 28,20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Eph 6,16 Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen.
Ps 42,2 Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir.
Ps 42,3 Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue?
Singen wir nun zum Schluss die zweite Strophe aus Lied 78:
„Sel`ger Ruhort! – Süßer Friede, füllet meine Seele jetzt. Da, wo Gott mit Wonne ruhet, bin auch ich zur Ruh gesetzt.“
Amen!